Westen darf Syriens Opposition nicht aufgeben
Der Westen sollte mehr Solidarität mit der syrischen Opposition zeigen, mahnt die linksliberale Tageszeitung The Guardian angesichts deren Ankündigung, nicht an den Genfer Friedensgesprächen teilzunehmen:
„Nach den Rückschlägen für die Opposition in der jüngsten Zeit, scheint es ein Leichtes, Druck auf diese auszuüben. Unter Druck setzen sollte man aber vor allem Assads Unterstützer in Moskau und Teheran. Washington scheint zu glauben, dass man unter allen Umständen auf Russlands Kooperation angewiesen ist und Moskau letztlich eine Einigung in Syrien unterstützen wird, die Assad an den Rand drängt. Doch bislang scheint Moskau mehr darauf erpicht, die Gespräche zu blockieren, statt zu ermöglichen. ... Gespräche um der Gespräche Willen vermitteln die Illusion von Fortschritt. Doch der Preis dafür ist hoch und zahlen müssen ihn die Syrer und, was seine Sicherheitslage betrifft, auch der Westen.“
Türkei wird die Kurden nicht los
Aufgrund der Drohung der Türkei, die Syrienkonferenz zu boykottieren, ist der Vorsitzende der syrisch-kurdischen Partei PYD, Salih Muslim, nicht eingeladen worden. Damit hat Ankara nur einen kurzfristigen Sieg errungen, meint die liberale Tageszeitung Hürriyet Daily News:
„Die künftige Gestalt Syriens wird von den Kämpfen am Boden bestimmt werden. Das bedeutet, dass die syrische Armee mit russischer Unterstützung aus der Luft gegen die Opposition vorrücken wird, während die [kurdische Miliz] YPG mit US-Unterstützung gegen den IS vorrücken wird. Die letzten vom syrischen Regime und den Kurden erreichten Punkte werden die Grenzlinien zwischen den verfeindeten Seiten am Verhandlungstisch bestimmen. In anderen Worten, der Alptraum der Türkei von einer autonomen kurdischen Region an der syrischen Grenze, kontrolliert von US-russisch-gestützten Fraktionen, ist noch lange nicht beendet.“
Islamisten müssen mit an den Tisch
Werden islamistische Gruppen von den Verhandlungen ausgeschlossen, ist keine Lösung für das vom Krieg erschütterte Syrien möglich, mahnt der linksliberale Tages-Anzeiger:
„Sie sind keine appetitlichen Partner, da hat Moskau recht, ideologisch nicht, und auch scheren sie sich kaum um Menschen- oder Völkerrecht. Wäre das allein der Maßstab, hätte sich aber auch das Assad-Regime als Gesprächspartner längst unmöglich gemacht. Es pocht auf seine Legitimität und bombardiert zugleich das eigene Volk. Die Islamisten kontrollieren in Syrien Zehntausende Kämpfer. Sie auszuschliessen, würde ein Scheitern jeder Waffenruhe vorwegnehmen. Militärisch zu gewinnen ist der Krieg aber nicht. Das dürfte inzwischen auch Moskau klar geworden sein.“
Ankara macht sich unglaubwürdig
Blockiert die Türkei die Friedensgespräche weiterhin, nimmt ihr keiner mehr ab, dass sie die IS-Miliz stoppen will, meint das liberale Onlineportal Radikal:
„Wenn ein Waffenstillstand erzielt würde, könnten alle Parteien ihren Kampf direkt auf die IS-Miliz lenken und damit vielleicht dem Problem begegnen. In der derzeitigen Situation müssen alle, das syrische Regime, Russland, Iran, die [schiitische] Hisbollah, die syrische Opposition, die [kurdische] PYD, die Türkei und die USA gemeinsam gegen die IS-Miliz kämpfen. Außer der Türkei akzeptieren alle diese Gleichung. Doch solange die Türkei ihr widerspricht, kann sie niemanden davon überzeugen, dass sie wirklich das Blutvergießen stoppen und die IS-Miliz als Terrororganisation ansehen will.“
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