Varoufakis gründet Netzwerk zur Rettung der EU
Griechenlands ehemaliger Finanzminister Yanis Varoufakis will mit einem neuen linken Netzwerk die EU demokratisieren. Mit der Initiative "DiEM25" soll letztlich der Zerfall der Union in einzelne Nationalstaaten verhindert werden. Kommentatoren sind zwischen Hoffnung und Skepsis hin und her gerissen.
Hoffnung für die gebeutelte EU
Die Europäische Union steckt in einer tiefen Krise und braucht dringend einen Neustart, findet die sozialistische Tageszeitung Duma und hofft, dass Varoufakis ein solcher gelingt:
„Die Zweiteilung Europas in einen allmächtigen Westen und einen unterwürfigen Osten ist längst ein Fakt. Und der Norden wird immer reicher und der Süden immer ärmer. Die Desintegration ist in vollem Gange. Die Gleichheit und Integration im Namen des gemeinsamen Wohlstands der europäischen Bürger ist eine Illusion geworden. … Europa braucht einen Neustart. ... Vielleicht ist der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis in der Lage, den Europäern zu zeigen, dass Demokratie in Europa nicht nur auf dem Papier funktionieren kann. Die Hoffnungen sind groß. Entsprechend mächtig wird aber auch der Widerstand derjenigen sein, die diesen Prozess aufhalten wollen.“
Bitter nötige Debatte über Europas Institutionen
Mit dem "Democracy in Europe Movement 2025" will Yanis Varoufakis verschiedene Protestbewegungen zusammenführen. Die liberale Tageszeitung Público lobt den Ansatz:
„Das Manifest voller apokalyptischer Aussagen über die Zukunft Europas hat zwei Vorteile: Zu einer Zeit, da überall beängstigende Phänomene auftauchen (wie die Profilierung von Anti-System- und Anti-Europa-Parteien), lanciert es eine unangenehme, aber bitter nötige Debatte über die europäischen Institutionen. Kurzfristig schlägt es zudem interessante Änderungen vor, um die Transparenz von Entscheidungsprozessen in der EU zu erhöhen. ... Varoufakis fordert eine stärkere europäische Integration, aber auch mehr Souveränitäts-Garantien für jeden EU-Mitgliedstaat.“
Mehr als reden kann Varoufakis nicht
Dass Varoufakis mit seiner neuen Bewegung Europas Zerfall aufhalten kann, bezweifelt die linke Tageszeitung taz stark:
„Yanis Varoufakis war und ist der Traum aller Linken, die immer noch das ganz und gar Andere glauben erreichen zu können. Sie geben vor, die Welt verändern zu wollen, und scheitern doch, weil sie Solidarität sagen und Privilegierung in eigener Sache meinen. ... Das, was [Varoufakis'] Manifest sein soll, ist kein Aufbruch zu modernen Höhen, sondern eine Sektenhuberei, wie sie in der bundesdeutschen Geschichte der Linken wiederholt beklagt werden musste. Hinter diesen pseudopolitischen Gründerzeiten mag Ohnmacht stecken oder Größenwahn: Varoufakis jedenfalls wird es nicht sein, der weiter zocken darf. Das europäische 'Haus' ist aufgebaut worden von Politikern, die mehr konnten als Fensterreden: nicht von einem wie ihm.“