Pegida demonstriert für "Festung Europa"
Weniger Anhänger von Pegida und anderen islamfeindlichen Bündnissen als erwartet haben am Samstag auf einem europaweiten Aktionstag gegen die Aufnahme von Flüchtlingen demonstriert. Pegida-Anhänger sind wohl kaum die schweigende Mehrheit, meinen einigen Kommentatoren. Andere warnen davor, die Bewegungen zu unterschätzen.
Frieden auf dem Kontinent steht auf dem Spiel
Die EU muss endlich gegen demokratiefeindliche Entwicklungen vorgehen, fordert die linksliberale Tageszeitung Libération nach den europaweiten Pegida-Demos vom Wochenende:
„Sowohl ein Suspendierungsverfahren für einen Mitgliedstaat als auch eine Reform der Verträge können nur einstimmig beschlossen werden. Den Populisten hingegen gelingt es immer, am Ball zu bleiben. So entsteht eine mörderische Ohnmacht, denn die traditionellen Parteien werden in der Zwischenzeit aufgrund von Wirtschaftskrise und steigender Ablehnung gegenüber Flüchtlingen immer durchlässiger für das Gedankengut der extremen Rechten. Und dieser bedrohliche Trend hat nun auch den Westen des Kontinents erreicht. Dies zeigt deutlich der Zuspruch zu rassistischen Bewegungen wie Pegida, die in Deutschland entstanden ist und sich nun auch in Frankreich ausbreitet, wie wir am Samstag bedauerlicherweise in Calais sehen konnten. Warum wird nicht endlich gehandelt? ... Es geht um nichts anderes als den Frieden auf dem Kontinent.“
Die wahre Gefahr wird verkannt
Bedroht sind Tschechien und die Slowakei nicht von Flüchtlingen, sondern von den Rechtsextremisten, betont die liberale Tageszeitung Dennik N:
„Extremisten waren es auch, die während der Demonstration einen Stab des tschechischen Rundfunks angriffen. Der bekam keine Hilfe von der Polizei. ... Der wachsende 'Mut' der Nazis, zu physischer Gewalt zu greifen, ist nicht verwunderlich angesichts einer Atmosphäre, in der deren Auffassungen durch die politischen Spitzen legitimiert werden. In Tschechien erfüllt Präsident Zeman diese Rolle, die in der Slowakei Premier Fico inne hat. Die Integration der Flüchtlinge wird schwer werden und bei manchen nicht gelingen. Die wirkliche Bedrohung geht aber von anderen aus, von Leuten, die Teil unserer Gesellschaft sind. Wir unterschätzen sie, bis es zu spät ist.“
Pegida ist nicht schweigende Mehrheit
Trotz der überraschend geringen Teilnehmerzahlen der Anti-Islam-Demos darf Pegida nicht kleingeredet werden, meint die konservativen Tageszeitung Lidové noviny:
„Ein paar tausend Demonstranten sind nicht die schweigende Mehrheit. In Deutschland, Tschechien und anderswo gab die schweigende Mehrheit zu verstehen, dass sie trotz aller Kritik an den Regierungen und an der EU nicht zum politischen Radikalismus neigt. Die Aktionen und die schlimme Atmosphäre speziell in Prag dürfen jedoch nicht bagatellisiert werden. Auf deren Konto ging beispielsweise der Brandanschlag auf ein soziales Zentrum für Flüchtlingshilfe in Prag. ... Der Anschlag wie auch die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Fremdenfeinden und Fremdenfreunden erinnerten an die Atmosphäre der Weimarer Republik. Aber um von Weimar zu reden, müssten die bisherigen Regierungsstrukturen versagen. Dem ist nicht so.“