Menschlichere Haftbedingungen für Breivik?
Ein Gericht in Oslo hat dem rechtsextremistischen Attentäter Anders Behring Breivik im Streit um seine Haftbedingungen teilweise recht gegeben. Insbesondere die Einzelhaft stelle "eine Verletzung der Menschenrechtskonvention" dar, urteilten die Richter. Einige Kommentatoren feiern das Urteil als Sieg für die Demokratie, andere sind entsetzt.
Mit Menschenrechten in der Sackgasse gelandet
Der Urteilsspruch zugunsten des Massenmörders Breivik wird dazu führen, dass Verbrecher sich in Zukunft alles herausnehmen können, klagt die lettische Tageszeitung Diena:
„Wir haben uns an den Grundsatz gewöhnt, dass die Menschenrechte universell sind und jedem zustehen. Aber diesmal ist unsere moderne Gesellschaft in eine gefährliche Sackgasse geraten. Hat die Gefängnisstrafe jetzt überhaupt einen Sinn? Mit jedem weiteren solcher Siege werden Breivik und andere Massenmörder die Haft nicht mehr als Strafe auffassen, sondern als Gelegenheit, eigene Spielregeln zu diktieren. ... Auch die Strafgefangenen in lettischen Gefängnissen werden nicht zu Mustermenschen, aber es gibt keinen Grund zu denken, dass die Haft nicht dennoch als Instrument der Umerziehung dienen würde. Denn was ist wichtiger: die allgemeine Sicherheit der Gesellschaft und dass der Verbrecher bestraft wird oder das Wohlbehagen des Strafgefangenen?“
Ein Urteil im Namen der Demokratie
So befremdlich es gegenüber einem kaltblütigen Mörder wie Breivik auch anmuten mag - das Urteil ist ein Sieg für die Demokratie, lobt La Repubblica:
„Die Richter von Oslo haben ihr Urteil über Breivik gefällt, indem sie bewusst ignorierten, wer Breivik ist. Sie haben ihn entpersonalisiert. Das war es, was das Gesetz von ihnen verlangte und dem haben sie sich pflichtgemäß gefügt. In dieser Entpersonalisierung liegt der höchste Wert der Entscheidung. … Denn das Urteil betrifft nicht mehr Breivik - der ohnehin der Justiz gegenüber gleichgültig ist. Nein, das Urteil bezieht sich in Wahrheit auf die Demokratie selbst. In Oslo wurde die Gültigkeit des universellen Prinzips bestätigt, dass eine unmenschliche Behandlung selbst für den Abschaum der Menschheit verboten ist. Und auf Prinzipien dieser Art stützen sich Demokratien. Indem sie Breivik recht gab, hat die Demokratie nicht über Breivik gesiegt, sondern ihre unanfechtbare Hoheit wieder behauptet.“
Westlich verdrehter Humanismus-Begriff
Dieser Richterspruch ist Zeichen eines absurden Humanismus im Westen, ereifert sich die konservative Rzeczpospolita:
„Dieser Fall zeigt, dass die modernen westlichen Staaten solche Begriffe wie Verbrechen, Strafe und Gerechtigkeit wie ein überkommenes Relikt alter autoritärer politischer Systeme behandeln. Und anstelle dessen wollen sie der gesamten Gesellschaft eine Art Therapie verordnen. Gleichzeitig haben die Interessen des norwegischen Gemeinwesens keine Bedeutung mehr. Wichtig ist nur noch, was Breivik fühlt und denkt. Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass er glücklich wird. Und das, obwohl er bisher weder Reue gezeigt, noch sich von seinem nazistischen Gedankengut distanziert hat. Das erinnert an ein Interview, das Eliza Olczyk von der Rzeczpospolita vor zwei Jahren mit Małgorzata Fuszara geführt hat - der damaligen Regierungsbeauftragten gegen Diskriminierung. Sie betonte, dass sie während ihres Jurastudiums den Sinn von Strafrecht bezweifelt hat.“