Wie kann Cyber-Mobbing bekämpft werden?
Die Staatsanwaltschaft von Neapel ermittelt wegen Anstiftung zum Suizid, nachdem eine 31-Jährige sich erhängt hat. Zuvor waren jahrelang Videos mit sexuellem Inhalt im Internet kursiert, auf denen die Frau klar zu erkennen war. In sozialen Medien wurde sie beleidigt und verhöhnt. Italiens Presse ist entsetzt und appelliert an Internetnutzer, Verantwortung und Mitgefühl zu zeigen.
Veröffentlichen heißt Verantwortung tragen
Die Frau aus Neapel hatte vor Gericht erwirkt, dass die Videos mit ihr aus dem Netz entfernt werden. Doch das Recht auf Vergessen kann nur etabliert werden, wenn die Nutzer mitspielen, mahnt La Repubblica:
„Wenn Inhalte online bleiben, trotz triftiger Gründe sie zu löschen, geschieht dies, weil es Personen gibt, die fortfahren, sie zu veröffentlichen. Personen, die krank, ignorant oder oberflächlich sind. Die Technologie kann das Problem nur teilweise lösen, etwa durch eine Art digitalen Fingerabdruck, der die Inhalte kenntlich macht. Doch müssen wir uns auf die Erziehung der Personen konzentrieren. Wir müssen allen begreiflich machen, dass Veröffentlichen bedeutet, Verantwortung zu tragen. Es mag wie ein einfacher Klick, ein Druck auf die Taste erscheinen, doch dahinter steht ein Mensch, eine Familie, Freunde, eine Arbeit. ... Können wir uns die Folgen unseres Klicks vorstellen? Es ist eine Frage der digitalen Erziehung.“
Eine Welt ohne Mitgefühl
Die Bilderflut unseres Zeitalters hat uns unmenschlich gemacht, ist La Stampa entsetzt:
„Seit geraumer Zeit besteht unsere tägliche Kost, unsere Medien-Speisekarte aus Bildern des Grauens: Krieg, Gewalt, Mord, Katastrophen. Wir lassen uns abfüllen, mit zynischer Fresslust. Gesättigt und träge von den Bildern des Grauens haben wir unsere humanistische Fähigkeit verloren, uns in das Leid anderer hineinzuversetzen. ... Wir leben in einer Zeit, in der die Obszönität triumphiert. Was wir in dieser Zeit verloren haben, ist das Mitgefühl. Was aus dieser Welt verdrängt worden ist, ist die Pietas. Die Existenz, die wir täglich im Glashaus der Medien-Transparenz leben, ist eine Existenz ohne Erbarmen. Angesichts der Bilder müssen wir lernen, Mensch zu bleiben. Es täglich wieder neu werden. Angefangen beim Mitleid für die Opfer.“