Papst Franziskus in Rom beigesetzt

Am Samstag ist Papst Franziskus nach einer Trauerfeier im Petersdom in der Basilika Santa Maria Maggiore außerhalb des Vatikans beigesetzt worden. Neben viel politischer Prominenz aus aller Welt gaben geschätzt 400.000 Menschen dem am 21. April verstorbenen Kirchenoberhaupt das letzte Geleit. Kommentatoren teilen ihre Gefühle und Beobachtungen, auch hinsichtlich der Wahl eines Nachfolgers.

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Corriere del Ticino (CH) /

Leere Kirchen – aber Selfies an der Bahre

Mit Glauben hat dieser Massenauflauf wenig zu tun, wirft Corriere del Ticino ein:

„Wenn all die Gläubigen, die in den letzten Tagen nach Rom und in die Vatikanstadt geströmt sind, um Papst Franziskus ihre Aufwartung zu machen, die Kirchen des christlichen Abendlandes besuchen würden, wären die Kirchenbänke nicht so leer und die Krise nicht so ausgeprägt. ... In den Tagen vor seiner endgültigen Verabschiedung, inmitten von Ergriffenheit, Gebet und Danksagung an einen menschlich außergewöhnlichen Pontifex, fehlte es nicht an respektlosem und makabrem Voyeurismus in Form von Selfies mit dem Leichnam. Das ist der Lauf der Welt, aber sicher nicht die Art von Welt, für die Papst Franziskus bis zu seinem letzten Atemzug gekämpft hat.“

HuffPost Greece (GR) /

Gesellschaft will keine Heiligen mehr

Der griechisch-orthodoxe Bischof von Singapur und Südasien, Konstantin Tsilis, kommentiert in Huffpost Greece:

„Die Menschenmenge, die sich zum letzten Abschied versammelt hatte, war nicht das, was man erwarten würde. … Das Problem liegt in unseren Herzen und unseren Lebensentscheidungen. Mir fiel auf, dass viele in der Menge Schilder mit der Aufschrift 'Danke, Franziskus' in der Hand hielten. Bei ähnlichen Anlässen, wie etwa bei der Beerdigung von Papst Johannes Paul II. auf dem Vatikanplatz, riefen alle 'Heiliger'. Geben wir also zu, dass sich die Zeiten geändert haben und die Gesellschaft heute keine Vorbilder und Heiligen mehr will, sondern jemanden, der ihr den Kopf streichelt und sie von ihrer Unvollkommenheit und Schuld erlöst!“

Jornal de Notícias (PT) /

Unbehagen angesichts der Nachfolgefrage

Das Erbe Franziskus‘ spüren wir im Augenblick des Abschieds noch deutlicher, schreibt Jornal de Notícias:

„Es ist ganz natürlich, dass man vom Tod eines Menschen berührt ist, der es geschafft hat, gleichermaßen revolutionär wie brüderlich zu sein und zur allgegenwärtigsten Figur des letzten Jahrzehnts zu werden. Das scheint die Erklärung für die überwältigende Identifikation mit Franziskus zu sein. Das ist das Erbe der Kohärenz. Er hat die Türen der Kirche geöffnet. Von Geschiedenen bis zu Homosexuellen, von Armen bis zu Missbrauchsopfern, von Migranten bis zu Kriegsmärtyrern. Diese Übereinstimmung mit der Botschaft Christi rechtfertigt das Gefühl des Unbehagens im Moment des Abschieds. Wer wird ihm folgen? ... Möge es jemand sein, der die gleiche Gelassenheit besitzt wie Jorge.“

The Spectator (GB) /

Zwei Lager driften auseinander

Nun geht es in Rom darum, die Einheit zwischen Konservativen und Liberalen in der Kirche zu bewahren, analysiert The Spectator:

„Franziskus hinterlässt eine gespaltene Gemeinde. Zwei Lager haben sich innerhalb der katholischen Kirche fest etabliert, und die Kluft zwischen ihnen wächst stetig. ... Es ist unklar, welchen Weg die Kardinäle einschlagen werden. Doch ihre Aufgabe besteht nicht nur darin, einen Nachfolger zu bestimmen, sondern einen Hirten auszuwählen, der in der Lage ist, die entzweite Herde zu vereinen. Es wird viel darüber diskutiert werden, wie die säkulare Welt den nächsten Papst sieht. Doch dessen größte Herausforderung wird nicht sein, wie er wahrgenommen wird. Sie liegt darin, sein Volk zu vereinen, bevor die Brüche irreparabel werden.“