Wird US-Präsident Trump die Welt verändern?
Donald Trump wird am heutigen Freitag als 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt. Zu den Feierlichkeiten am Kapitol werden Hunderttausende Menschen erwartet. Mit zweifelhaften Deals könnte der Geschäftsmann und unerfahrene Politiker die bestehende Weltordnung zerstören, fürchten einige Kommentatoren. Andere mahnen, keine vorschnellen Urteile über seine Amtszeit zu fällen.
Zerstörung einer Weltordnung
Angesichts dessen, dass der Amtsantritt Trumps und der Brexit zeitlich zusammenfallen, erkennt El País eine Zeitenwende:
„Die heute beginnende Amtszeit von Donald Trump könnte in der Zukunft als der Moment betrachtet werden, in dem die USA mit der Demontage der internationalen Weltordnung beginnen, die die US-Regierungen seit 1945 mit großem Aufwand aufgebaut und verteidigt haben. Trump übernimmt die Amtsgeschäfte in der Zeit, die sich mit der Ankündigung der britischen Premierministerin May überschneidet, mit dem kompletten Rückzug ihres Landes aus der EU zu beginnen. Diese Gleichzeitigkeit wirft in aller Deutlichkeit die Frage auf, ob wir nicht gerade das - absurderweise uns selbst auferlegte - Ende einer langen und fruchtbaren Periode der angelsächsischen Hegemonie erleben.“
Präsident darf nicht wie Geschäftsmann agieren
Trump geht offenbar tatsächlich davon aus, dass er in der internationalen Politik so handeln kann, wie er es als Unternehmer tat, zeigt sich The Economist konsterniert:
„Trump tut so, als könnte er von unabhängigen Staaten das bekommen, was er will, wenn er nur einen Streit anzettelt und dann Bereitschaft für eine Einigung zeigt - zu einem gewissen Preis natürlich. Doch er liegt falsch in der Annahme, dass Staaten wie Unternehmen sind. Die USA können sich nicht zum Beispiel von China abwenden und sich eine andere Supermacht suchen, mit der sie über das Südchinesische Meer verhandeln. ... Die Beziehungen zwischen unabhängigen Staaten tendieren zur Anarchie, denn letztlich gibt es keine globale Regierung, die eine Ordnung oktroyieren könnte. Das einzige Zwangsmittel ist Krieg. So lange Trump auf die Zerstörung jener Ordnung hinarbeitet, die Amerika schuf und von der es so stark profitiert, macht er für sein Land ein sehr schlechtes Geschäft.“
Nationale Versöhnung scheint unerreichbar
Am Vorabend seiner Vereidigung hat Donald Trump versprochen, das gespaltene Land zu versöhnen. Der US-Korrespondent von La Repubblica hegt Zweifel, dass ihm dies gelingen wird:
„Nie zuvor wurde ein Kandidat mit drei Millionen Stimmen weniger als sein Rivale zum Präsidenten gewählt. Nie zuvor war die Legitimität des neuen Präsidenten so beschädigt wie jetzt. Über 50 Abgeordneten der Opposition nehmen nicht an der Vereidigung teil. Nie zuvor hat es den Verdacht der Einflussnahme einer fremden Macht zu Gunsten eines Kandidaten gegeben. Nie zuvor bescheinigten die Umfragen einem Präsidenten am ersten Tag eine solche Unbeliebtheit. Nie zuvor gab es so viele Protestmärsche schon vor und während der Machtübergabe. Dennoch hat Trump während der langen und steinigen Übergangsphase seit dem 9. November nichts getan, um der anderen (größeren) Hälfte Amerikas die Hand zur Versöhnung zu reichen. Der Hälfte, die kein Vertrauen in ihn hat, ihn fürchtet und verachtet. Wann also wird dieses Werk der nationalen Versöhnung beginnen?“
Trump will guten Draht zum Kongress
Mit der Auswahl seines engen Umfelds verfolgt Trump vor allem ein Ziel, kommentiert Rzeczpospolita:
„Trump, der in der US- Politik nur ein Außenseiter ist, wollte unbedingt einen Fehler von Obama vermeiden. Dieser war nämlich am Ende im Weißen Haus isoliert, ohne dass er im Kongress anerkannt gewesen wäre. ... Deswegen war es für Trump wichtig, gute Kontakte zur Führungsriege der Republikaner herzustellen. So soll etwa [der designierte Stabschef im Weißen Haus] Reince Priebus dem neuen Präsidenten diese Verbindung ermöglichen. Er ist seit fünf Jahren der Direktor des Nationalen Komitees der Republikaner und enger Vertrauter des Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. ... Für den neuen Präsidenten ist dies die einzige Möglichkeit, um seine Ideen auch in die Tat umzusetzen. Dazu gehören die Begrenzung der Migration, der Stopp von [der Gesundheitsreform] Obamacare sowie die [protektionistische] Handelspolitik.“
Bitte keine vorschnellen Urteile fällen
Endlich leistet Donald Trump seinen Amtseid, atmet Mladá fronta dnes auf:
„Jetzt ist Schluss mit den erhobenen Zeigefingern derer, die darüber spekulieren, was künftig im Oval Office passieren wird. Die, die nicht ahnten, dass er die Wahl gewinnen würde, wussten in den letzten Wochen selbstverständlich schon genau, was Trump tun und dass das alles schlecht ausgehen wird. Dabei weiß niemand, ob er ein guter oder schlechter Präsident wird. ... Trump plant nicht unbedingt, mit einem Lächeln auf den Lippen die ganze Welt zu retten. Aber vielleicht doch: Würde er die USA wieder auf die Füße stellen, täte er für die Welt mehr, als wenn er den Friedensnobelpreis bekäme. Aber das ist eine Beschreibung der Situation vor Tag 1. Wie alles ausgeht, weiß keiner. Nicht einmal Trump selbst.“
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