Welche Wahl haben die Bulgaren?
Nach dem Sieg des Oppositionskandidaten Rumen Radew bei der Präsidentschaftswahl im November und dem anschließenden Rücktritt der Regierung Borissow herrscht in Bulgarien politischer Stillstand. Nun hat der seit Ende Januar amtierende neue Präsident eine Interimsregierung eingesetzt und eine vorgezogene Parlamentswahl am 26. März angekündigt - die dritte seit 2009. Bulgarische Kommentatoren zeigen sich absolut desillusioniert.
Zwischen Dummköpfen und Hornochsen
Bei der Parlamentswahl wird es mehr denn je darum gehen, das geringste Übel zu wählen, klagt Webcafé:
„Jeder, der sich in Bulgarien entscheidet, in die Politik zu gehen, erbringt damit automatisch den Beweis, dass er ihrer nicht würdig ist. Schafft man es dennoch, eine Formation, eine Bewegung, einen Klub, eine Sekte oder ein Eisenbahnabteil mit Gleichgesinnten zu finden, folgt bald die Enttäuschung, weil sie irgendeine Dummheit anstellen, für die man sich fremdschämen muss. Gleichzeitig weiß man aber, dass da draußen noch viel größere Hornochsen herumlaufen. ... So wird die Wahl immer schwieriger. Am Ende kommt es nur noch darauf an, seinem Kandidaten eine positive Eigenschaft abzugewinnen, wegen der man bereit ist darüber hinwegzusehen, dass er ansonsten nichts taugt.“
Für Niemanden stimmen nutzt Niemandem
Zum ersten Mal bei einer Parlamentswahl wird es auf dem Wahlzettel die Option geben, für Niemanden zu stimmen. Das Onlineportal Offnews ist unschlüssig, welchen Effekt dies auf den Wahlausgang haben wird:
„Was wollen uns diejenigen Wähler sagen, die gegen alle stimmen? Ist das ein politischer Protest und wohin könnte er führen? Was passiert, wenn nun eine halbe Million oder mehr für 'Niemanden' stimmen? Wie werden die Politiker reagieren? … Hat man überhaupt das Recht, in der Politik mitzureden, wenn man bei den Wahlen niemanden unterstützt? Wo ist der Unterschied, ob man niemanden gut findet oder alle gut findet? Ist das nicht genau diese Art des politischen Konformismus, der uns in die missliche Lage gebracht hat, in der wir uns heute befinden? Indem man sagt, dass man niemanden unterstützt, die anderen entscheiden zu lassen wer das Land regieren soll?“