Warum Europa Helmut Kohl nicht vergessen sollte
Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl ist im Alter von 87 Jahren gestorben. In seine Amtszeit fielen die deutsche Wiedervereinigung, eine Erweiterung der EU und die Entscheidung zur Einführung des Euro. Kohls Vision von einer europäischen Einigung bleibt wichtig, mahnen Kommentatoren verschiedener Länder.
Ideen des Altkanzlers gelten noch heute
Helmut Kohls Tod erinnert uns daran, wie wichtig Europa ist, meint Le Monde:
„Der Glaube, dass man Deutschlands Größe verteidigen und gleichzeitig die Bedeutung Europas fördern kann; die Annahme, dass beide Ziele nur erreicht werden können, wenn ein tiefes Vertrauensverhältnis mit Frankreich besteht: Dies sind Überzeugungen Helmut Kohls, die im Moment seines Todes besondere Bedeutung bekommen. Die Brexit-Verhandlungen beginnen, Frankreich wählt einen Präsidenten, der Europa 'neu aufbauen' will, und Kanzlerin Merkel fordert den alten Kontinent dazu auf, 'sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen' ... zu genau diesem Zeitpunkt erinnert uns Kohls Tod an eine Ära, aus der wir unsere Lehren ziehen sollten.“
Merkel nimmt Kohls Vision nicht mehr ernst
Mit dem Tod von Helmut Kohl ist auch eine Stimme erloschen, die stets vor einer deutschen Übermacht in Europa warnte, bedauert Lidové noviny:
„Deutschlands Wiedervereinigung war für ihn untrennbar mit der europäischen Einigung verknüpft. Wie der Historiker Heinz Gollwitzer sagte, bot Deutschland der Welt damit erstmals in der Geschichte eine universale Idee an. Die hörte sich anders an als Bismarcks 'Platz an der Sonne'. Ist Kohl mit seiner Vision erfolgreich gewesen? Ist Deutschland mehr europäisch oder Europa mehr deutsch? Diese Frage hat Kohl bis zu seinem Lebensende umgetrieben. Kanzlerin Merkel dagegen quält sich weniger mit den Befürchtungen anderer vor einem starken Deutschland. Die Zahl der 'Feinde' wächst (USA, das Brexit-Großbritannien, Polen, Ungarn ...). Es scheint so, als käme ein deutsches Europa der Realität näher als ein europäisches Deutschland. Schade, dass Kohl dazu nichts mehr wird sagen können.“