Streit über Anti-Soros-Kampagne
In Ungarn schauen die Bürger neuerdings auf Plakate, die den jüdischen US-Milliardär George Soros in einer Weise zeigen, die viele an antisemitische Nazi-Poster erinnert. Soros, der ungarische Wurzeln hat, ist ein wichtiger Finanzier von NGOs und Bildungsinstitutionen in Osteuropa und der ganzen Welt. Was macht ihn für Orbán und andere Politiker zum Feind?
Orbán und seine Regierung säen Hass
Die von der Regierung finanzierte Plakatkampagne fügt dem ganzen Land großen Schaden zu, findet der Blogger András Jámbor auf Kettös Mérce:
„Ich befürchte, dass die Kampagne gegen George Soros nur der Anfang einer gigantischen Hasskampagne ist. Jeder Ungar, der etwas auf sich hält, muss dem eine Absage erteilen, selbst wenn er andere Entscheidungen der Regierung gutheißt. Denn das Säen eines solchen Hasses schadet dem Land, es vergiftet die Herzen, vereitelt jeglichen normalen öffentlichen Diskurs und verstellt den Blick auf die wahren Probleme des Landes. ... Was die Regierung tut, ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Es ist doch Irrsinn, einen Menschen öffentlich zum Feindbild zu erklären und alle, die anderer Meinung sind als die Regierung, als Vaterlandsverräter zu brandmarken.“
Vordemokratische Mentalität
Viktor Orbáns Kampagne gegen Soros ist nur ein Beispiel seines vordemokratischen Umgangs mit dem ganzen Land, kommentiert Der Standard:
„Ein bisschen Antisemitismus geht immer. Ungarns Mitwirkung am Holocaust unter dem Hitler-Verbündeten Miklós Horthy ist unaufgearbeitet. Orbáns neueste, vor keinem Straßeneck haltmachende Plakatkampagne gegen den Lieblingsfeind George Soros spielt mit den Chiffren und Codes des Antisemitismus. Zugleich ist Orbán kein Demokrat. ... Kritische Medien, kritische Stimmen aus den Institutionen beschmutzen die 'ungarische Nation'. Sie müssen weg. Wie etwa das von einem unangepassten jüdischen Jugendverein getragene Kulturbeisl Auróra. Oder die Central European University (CEU) in Budapest. Letztere hat George Soros gegründet.“
Die EU an Soros' Gängelband
Für die regierungstreue Tageszeitung Magyar Idők ist George Soros die Wurzel allen mit der EU zusammenhängenden Übels:
„Niemand sollte heute noch Zweifel an dem hegen, was doch offensichtlich ist: dass George Soros der wahre Präsident der Europäischen Kommission ist. Soros hat sich die gesamte Europäische Union einverleibt, mit Haut und Haar. Jean-Claude Juncker ist lediglich eine Marionette dieses strippenziehenden Finsterlings. Die Europäische Union und all ihre Institutionen fällen nur noch Entscheidungen, die diesem unendlich aggressiven, steinreichen und bösartigen Greis gefallen. Es wäre müßig, die Beispiele dafür aufzuzählen, angefangen beim erstunkenen und erlogenen Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn bis hin zu den ungarnfeindlichen Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.“
Der Sündenbock Osteuropas
Auch in anderen Ländern wird Soros gerne als Sündenbock missbraucht, schildert Adevărul:
„Soros spielt für Ungarn, Polen und Rumänen dieselbe Rolle. [Der Chef der rumänischen Regierungspartei] Liviu Dragnea beschrieb ihn als unglückbringende Person, die es darauf abziele, Regierungen in Osteuropa zu stürzen und deshalb jede Menge Geld in diejenigen Kräfte investiere, die sich diesen Regierungen widersetzen. In Ungarn ist eine mit öffentlichen Mitteln finanzierte Psychose gegen Soros losgetreten worden, die ihn als möglichen Destabilisierer des Landes dämonisiert. Komisch nur, dass keine Staatsanwaltschaft, kein Gericht, keine nationale oder internationale Ermittlungsbehörde gegen Soros vorgeht. Soros dient eben nur als Schreckgespenst für Regime, die ihre eigenen Fehler und ihre Zwangsmaßnahmen gegen die eigene Bevölkerung weder erklären noch rechtfertigen können.“