Ist Roms "Hauptstadtmafia" keine echte Mafia?
Die sogenannte Hauptstadtmafia soll die gesamte Verwaltung Roms unterwandert und sich lukrative öffentliche Aufträge gesichert haben. Nun hat ein römisches Gericht dazu sein Urteil verkündet und lange Haftstrafen gegen die vermuteten Köpfe der Bande verhängt. Dass es sich dabei aber um eine Mafia-Organisation handele, wiesen die Richter zurück. Italiens Presse ist nur in Teilen zufrieden.
Von Rom fällt eine schwere Last
La Stampa ist nach dem Urteil erleichtert:
„Die Anklage war gravierend, lastete schwer auf der lokalen Politik und Verwaltung Roms. ... Mit einer Verurteilung [wegen Mafia-Unterwanderung] wäre Rom als die Stadt in die Geschichte eingegangen, deren Verwaltung über Jahre von einer Handvoll präpotenter Gauner dominiert wurde. Gauner, die ein solches Klima der Unterwerfung schufen, dass jeder Widerstand unmöglich wurde, und in dem Politiker, Beamte und Angestellte entweder selbst in die kriminellen Machenschaften verwickelt waren oder aber gezwungen, sie schweigend hinzunehmen. Die Arbeit der Staatsanwaltschaft war aber dennoch nicht vergebens. Im Gegenteil, sie hat Großes erzielt: Sie hat eine kriminelle Praxis bezwungen, die seit Jahren im Schatten des Kapitols gedieh.“
Etikettenwechsel macht die Sache nicht besser
Das Urteil sieht nur vordergründig nach einer positiven Nachricht aus, empört sich La Repubblica:
„Wenn eine Stadt ein Urteil mit Haftstrafen von insgesamt 250 Jahren feiert, meint man zunächst, es gebe Grund zur Freude. Doch wenn man dann genauer hinschaut und merkt, dass nicht die Gerechtigkeit eines Urteils gefeiert wird, sondern die Tatsache, dass die Kriminellen zwar als Verbrecher, aber nicht als Mafiosi eingestuft wurden, kann man es wahrlich mit der Angst zu tun bekommen. Wenn jemand erleichtert ist, weil die Stadtverwaltung zwar bis ins Mark von einer kriminellen Vereinigung unterwandert ist, diese aber nicht als Mafia bezeichnet werden kann, ist er verloren. ... Nun wird die Mafia wieder ein rein sizilianisches Problem. Es soll bitte nur niemand glauben, dass sich auch andere autochthone Clans die Methoden der Mafia zu Eigen machen könnten.“