Sollte Frankreich die SNCF privatisieren?
Frankreichs neue Regierung hat einen Kurswechsel in der Verkehrspolitik angekündigt. Sie will weniger in Großprojekte investieren und stattdessen die bestehende Infrastruktur ausbessern. Französische Medien streiten darüber, ob eine Privatisierung des Bahnkonzerns SNCF dabei auf der Tagesordnung stehen sollte.
Bahn liegt dem Staat auf der Tasche
Zu einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik gehört für Le Figaro die Privatisierung der französischen Staatsbahn:
„Vor allem muss Mut für eine echte Reform der SNCF aufgebracht werden. Das staatliche Unternehmen, die Schaltzentrale des französischen Verkehrssystems, ächzt unter einem unzeitgemäßen Status, bricht unter den Schulden zusammen und liegt dem mittellosen Staat auf der Tasche. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen und der zunehmenden Konkurrenz im Mobilitätssektor wäre ein Beibehalten des Status Quo unverzeihlich.“
Ein Geschenk für die Privatwirtschaft
Gegen eine Privatisierung der SNCF sprechen sich Vertreter der Bahngewerkschaft Sud-Rail in Le Drenche aus:
„Die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen ist keine Garantie für den Schutz des Allgemeinwohls, sondern eine Garantie dafür, dass private Dienstleister an öffentliche Aufträge gelangen können. … Schlimmer noch, die liberalen Auswüchse könnten sogar dazu führen, dass öffentliche Gelder durch kolossale staatliche Subventionen, die sich landesweit zusammengerechnet auf die Höhe ganzer Bereiche im Staatsbudget belaufen, in die Finanzierung der Privatwirtschaft fließen. So werden dann jährlich auf intransparenten Wegen mehrere Milliarden Euro aufgewendet, damit - so das oberste Ziel - auf dem Rücken der Steuerzahler Profit gemacht werden kann. Konkurrenz führt nicht dazu, dass der Preis für öffentliche Dienstleistungen sinkt, wie jeder an seiner Wasser- und Stromrechnung sehen kann.“