Ungemütlicher Parteitag für Theresa May
Die britische Premierministerin Theresa May hat auf ihrer Rede zum Abschluss des Parteitags der Tories sozial schwachen Wählern zahlreiche Versprechen gemacht. Angesichts von Verlusten bei den Wahlen, Angriffen aus den eigenen Reihen und Großdemos gegen Brexit und Sparpolitik war sie unter großen Druck geraten. Kann die Regierungschefin sich im Amt halten?
Pannenrede könnte May mehr nutzen als schaden
Aufgrund stimmlicher Probleme quälte sich Theresa May durch ihre Parteitagsrede. Endlich war sie einmal gezwungen, ihre menschliche Seite zu zeigen, meint Kolumnist Simon Jenkins in The Guardian:
„Ich vermute, dass Theresa May auf merkwürdige Weise gestärkt aus diesem Debakel hervorgehen wird. Ihre Gegner werden dieses unweigerlich als verschlüsseltes Signal weiblicher Schwäche deuten. Doch bisher hatte es May vor allem an einem gefehlt: Menschlichkeit. In Manchester war sie gezwungen, Humor, Verletzlichkeit und bis zu einem gewissen Grad Gefühle zu zeigen. Ich denke nicht, dass ihr das sehr schaden wird. Sie mag unbeliebt sein, doch auf absehbare Zeit wird sie politisch überleben. Die Tories haben sie vor einem Jahr zur Parteichefin gewählt. Sie wissen, dass sie jetzt mit ihr leben müssen.“
Rückfall in die Unsicherheit
Beim Parteitag der Konservativen hat die britische Premierministerin Theresa May den positiven Eindruck ihrer Rede in Florenz wieder zunichte gemacht, bedauert De Volkskrant:
„In Florenz schien sie Abschied zu nehmen vom Prinzip der harten Brexiteers, dass 'kein Deal mit Brüssel besser ist als ein schlechter Deal'. Aber genau diese Stimmung erwies sich nun in Manchester als sehr lebendig. Und solange May zu schwach ist, die Brexit-Widersprüche im eigenen Haus auszumerzen, wird die Stagnation am Verhandlungstisch andauern. Theresa May hat die Chance vertan, ihren in Florenz eingeschlagenen konstruktiven Kurs zu bestätigen. Damit hat sie den Briten und besonders den in Unsicherheit lebenden Unternehmen einen schlechten Dienst erwiesen.“
Liebe Briten, stimmt neu ab!
Kein gutes Haar lässt Politiken an Theresa Mays Auftritt:
„Wenn sie eine neue Vision für Großbritannien hat, dann schafft sie es nicht, sie zu erklären. Wenn sie meint, sie kennt die Brexit-Rechnung, dann teilt sie sie nicht mit. Und wenn May beweisen will, dass die Regierung geeint, begeistert und loyal hinter ihr steht, dann haben die britischen Medien schon lange durchschaut, dass die Partei zersplittert ist, die Begeisterung sehr begrenzt und die Loyalität zweifelhaft. ... May erklärte, sie sei 'sich sicher, dass wir eine Absprache finden, die gut für Großbritannien und Europa funktionieren wird'. Der britische Wähler zweifelt mit gutem Grund. [Der britische Bestsellerautor] John le Carré sagt: 'Ich bin empört und beschämt.' Lasst doch das Schämen sein, liebe Briten. Entscheidet euch neu. Die Tür der EU steht immer noch offen für euch.“
Konservative sind erste Wahl für junge Briten
Nur eine wirtschaftsfreundliche Politik wie die der Tories ist zukunftsfähig, versichert The Daily Telegraph:
„Junge Menschen wollen gute Schulen und Krankenhäuser. Das wollen auch die Konservativen. Junge Menschen fordern mehr Geld für die wichtigsten staatlichen Dienstleistungen. Das fordern auch die Konservativen. Die einzige Frage ist, wo die finanziellen Mittel herkommen sollen. Den politischen Streit darüber gilt es zu gewinnen. Die Konservativen verfolgen das Ziel, Betriebe zu fördern und jene zu unterstützen, die Wohlstand und Arbeitsplätze schaffen. Denn Steuern auf die Gewinne in der Privatwirtschaft sind die einzige Quelle für die Staatskasse. Diese Unternehmen sind die Gänse, deren goldene Eier alles finanzieren. Im Gegensatz dazu setzt die Labour Party auf Beschlagnahmung von Vermögen, auf Neid und staatliche Kontrolle.“
Angst vor Labour eint die Tories hinter May
Mangels Alternativen werden die Konservativen ihre angeschlagene Chefin vorerst weiter die Partei und das Land führen lassen, analysiert The Guardian:
„Möglicherweise wird Theresa May diese Woche ihren Willen durchsetzen und politisch überleben. Die Konservativen haben einen starken Überlebensinstinkt und bestechen durch Parteidisziplin. Die Vorstellung, dass ein neuer Parteichef entweder die Partei oder das ganze Land beim Brexit oder irgendeinem anderen Thema einigen könnte, scheint kaum realistisch. Und am allerwenigsten trifft das auf Außenminister Boris Johnson zu. Obwohl die Tories in vielen Fragen gespalten sind, eint sie doch eines: Der Wunsch, die Macht nur ja nicht an Labour-Chef Jeremy Corbyn abgeben zu müssen.“