100 Jahre: Happy Birthday, Estland!
Nach Finnland und Litauen hat auch Estland in diesem Winter sein 100-jähriges Bestehen gefeiert. Estland proklamierte am 24. Februar 1918 nach rund 200 Jahren seine Unabhängigkeit vom russischen Zarenreich. Unter anderem mit einer Militärparade begingen die Esten am Wochenende das Jubiläum. Unter den Pressestimmen zum Jahrestag findet sich Kritik am Kommerz und ein lettisches Loblied.
Marketing mit blau-schwarz-weißem Patriotismus
Von der Kommerzialisierung des Staatsjubiläums hat Kolumnist Jürgen Klemm genug. Er schreibt in Äripäev:
„Ich verstehe ja die Versuchung der Unternehmer, ihr Produkt oder ihre Dienstleistung an den 100. Jahrestag von Estland anzubinden. Bei Hochzeiten und Beerdigungen zählt man bekanntlich kein Geld - und vielleicht gilt dies auch für das Jubiläum des Staats. … Alles Mögliche wurde in den Farben der Trikolore gefärbt. Doch heißt es nicht, beim Marketing geht es auch darum, sich von der Konkurrenz zu unterscheiden? Es scheint, dass diejenigen am meisten auffallen, die ihre Produkte nicht mit dem Logo von Estland 100 versehen haben. Viele versprechen, mit der magischen Zahl dem Staat etwas zum Geburtstag zu schenken. Mein Geschenk sind hundert Euro für die eigenen Ersparnisse - ich habe kein einziges Jubiläumsprodukt gekauft.“
Estland: Nachbarland, Musterland
Ein Lobeslied auf den nördlichen Nachbarn Estland stimmt zu dessen Jubiläum die Zeitung Latvijas avīze an:
„Estland liegt in allen wichtigen internationalen Vergleichen vor Lettland. Vor allem aber: Estland hat schon Mitte der 1990er Jahre seinen eigenen Weg in Richtung Zukunft eingeschlagen und ist ihn konsequent gegangen. Und dann noch die digitale Gesellschaft und andere E-Geschichten, von denen Tallinn der ganzen Welt - zu Recht - erzählt. Das ist kein leeres Geschwätz, keine Prahlerei. Das Beste, was da das geografische (und nicht mehr politische) Zentrum des Baltikums [Riga] machen kann: die Esten nicht stören und ein paar wichtige Dinge von ihnen übernehmen. In der Hoffnung, dass Lettland nicht in einer 'Seidenstraße' oder auf der Brücke zwischen Ost und West steckenbleibt. Denn eine gemeinsame baltische Brücke ist am sichersten für die Zukunft.“