Sexuelle Belästigung? Für die Duma kein Thema
Der Ethik-Ausschuss des russischen Parlaments hat sich mit den Vorwürfen von drei Journalistinnen befasst, sie wären vom Abgeordneten Leonid Sluzki sexuell belästigt worden. Das Gremium kam zum Schluss, dass es dafür keine Beweise gäbe. Als Reaktion haben mehrere Medien, darunter Echo Moskwy, ihre Korrespondenten aus der Duma abgezogen. Sie sind empört, dass Slutzki ungestraft davonkommt.
Regellosigkeit eines Bordells
Seinem ganzen Frust macht Kommentator Anton Orech auf Echo Moskwy Luft:
„Seinerzeit hat diese Kommission [den Duma-Abgeordneten] Wladimir Wolfowitsch Schirinowski nicht erkennen können, als dieser betrunken in Bagdad Fluch-Tiraden über George Bush abließ. Die Leute der Ethikkommission waren die einzigen in Russland, die ihn nicht identifizieren konnten. Sluzki konnte also beruhigt sein. Es gab keinen 'Verstoß gegen die Verhaltensnormen' - ganz einfach, weil es in der Duma diese nicht gibt. Daher sind sie ja Abgeordnete geworden, um sich wie im Bordell benehmen zu können, aber zugleich als geachtete Leute zu gelten. Die Frau oder Tochter eines Abgeordneten dürfen Sie nicht berühren. Aber der Abgeordnete darf Ihre Frau, Tochter oder Freundin betatschen, wann, wo und wie er will. Er verstößt gegen nichts, aber Sie müssen noch Strafe zahlen wegen übler Nachrede.“
Parlament schert sich einen Dreck um Gerechtigkeit
Die Zeitung Kommersant kündigte nur Sluzki und dem Ethik-Ausschuss die Zusammenarbeit auf - und veröffentlichte dazu ein Statement:
„Die Redaktion des Verlagshauses Kommersant ist verwundert und enttäuscht über die Entscheidung der Ethikkommission, die sich faktisch weigerte, die gegen Leonid Slutzki erhobenen Vorwürfe zu untersuchen, und die Sitzung in einen Prozess gegen die Opfer verwandelte. Wir erachten die Herangehensweise der Kommissionsmitglieder, denen der Corpsgeist wichtiger ist als die Gerechtigkeit, als destruktiv. Wir hoffen, dass unter diese Geschichte noch kein Schlusspunkt gesetzt ist. Aber unsererseits setzen wir einen Schlusspunkt unter die Zusammenarbeit mit dem Abgeordneten Sluzki als Newsmaker und dem Ethik-Ausschuss, weil wir völlig andere ethische Ansichten vertreten.“