Kommen sich London und Brüssel wieder näher?

Fast fünf Jahre nach dem Brexit will Großbritannien sich in der Handels- und Verteidigungspolitik wieder der Europäischen Union annähern. Finanzministerin Rachel Reeves nahm am vergangenen Montag an der Sitzung der Eurogruppe in Brüssel teil. Es war die erste Teilnahme einer britischen Finanzministerin seit dem Vollzug des Brexit. Die britische Presse ist aus ganz unterschiedlichen Gründen skeptisch.

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The Independent (GB) /

Nichts als Theater

Die britischen Bestrebungen lassen die nötige Aufrichtigkeit vermissen, kritisiert The Independent:

„Um die britische Wirtschaft wirklich anzukurbeln, müsste ein Schritt unternommen werden, für den es fast allen Politikern Großbritanniens am nötigen Mut fehlt: der Wiedereintritt in die EU – oder zumindest in den Binnenmarkt. ... Wenn die neue EU-Kommission ihre Arbeit aufnimmt, sollte zumindest ein ernsthafter Versuch zur Schadensbegrenzung unternommen werden, indem man gemeinsame Normen und Standards akzeptiert, statt Unterschiede zu betonen. ... In den europäischen Hauptstädten wächst die Skepsis, ob Starmer und Reeves wirklich meinen, was sie sagen. Es ist an der Zeit, mit dem Theater aufzuhören.“

The Spectator (GB) /

Stiller Rückfluss der Macht nach Brüssel

The Spectator äußert große Bedenken:

„Labour hat schon Pläne für die Angleichung an die EU-Sicherheitsbestimmungen für Tiere und Pflanzen vorgelegt, um den Handel zu erleichtern. ... Diese Pläne mögen auf den ersten Blick harmlos erscheinen, aber sie könnten die Wiedereinführung eines Großteils des EU-Mikromanagements der Lebensmittel- und Agrarindustrie durch die Hintertür bedeuten, von dem wir durch den Brexit befreit wurden. ... Wir müssen wachsam bleiben. Dieses Treffen ist ein beunruhigendes Zeichen dafür, dass die Regierung nichts zu unternehmen gedenkt, um den stillen Rückfluss der Macht von Westminster nach Brüssel zu stoppen.“

The New European (GB) /

Die alte Illusion der eigenen Stärke

Für The New European ist es ein Rätsel, wie sich Reeves eine Verbesserung der Beziehungen zur EU vorstellt:

„Es wäre schön, wenn man daran glauben dürfte, dass sich die Dinge geändert haben, aber Rachel Reeves zeigt deutlich, dass sich überhaupt nichts geändert hat. ... Die alten Einstellungen gegenüber der EU und der Europäischen Kommission setzen sich in der britischen Politik fort: Wir verhandeln aus einer Position der Stärke heraus, sie brauchen uns mehr als wir sie, sie werden uns geben, was wir wollen, wir können uns die Rosinen herauspicken, und wir werden alles gewinnen, während sie nichts bekommen. ... Im Grunde sagen wir: 'Wir haben nichts zu bieten. Und was gebt ihr uns?'“