70 Jahre Nakba: Flucht und Vertreibung in Palästina
Für die Palästinenser markiert der 15. Mai 1948 den Beginn der Nakba - Arabisch für "Katastrophe". Traditionell erinnern sie am 15. Mai an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender aus ihrer Heimat infolge des Krieges arabischer Staaten gegen das neu gegründete Israel. Viele Journalisten nehmen den Jahrestag zum Anlass für eine Retrospektive.
Die Welt hat Israel freie Hand gelassen
70 Jahre nach Flucht und Vertreibung der Palästinenser sieht Delo die Lage folgendermaßen:
„Seien wir ehrlich: Die ganze Zeit über hat Israel nur das getan, was durch zahlreiche historische 'Vorbilder' erlaubt war. Israel hat Gebiete erobert, natürliche Ressourcen gestohlen und die ursprünglichen Bewohner vertrieben und 'ghettoisiert'. Nach der zweiten Intifada und dem 11. September wurde die Palästinenser-Frage endgültig von der Agenda gestrichen. Damals hat der israelische Staat die Palästinenser unwiederbringlich in die Ecke gedrängt und mit Hilfe der bewusst passiven internationalen Gemeinschaft und der heuchlerischen arabischen Welt, die das Leiden der Palästinenser jahrzehntelang im Sinne der eigenen Interessen ausgenutzt hat, ein System der Apartheid errichtet. Israel hat dabei viel Hilfe von der palästinensischen politischen Elite erfahren.“
Tragikomisches Gezerre um Jerusalem
Mit dem Status Jerusalems beschäftigt sich Népszava:
„Das Dilemma lässt sich auf die Resolution der Uno zurückführen, die 1947 das britische Mandat in Palästina beendete. Jerusalem wurde in ihr zum 'corpus separatum' erklärt, zum 'abgesonderten Körper'. Doch diese Option, genauso wie die Teilung der Stadt in zwei Hälften, haben die Araber verspielt, als sie 1948 den frisch proklamierten jüdischen Staat angriffen. Zumindest nach Meinung der Israelis. 57 islamische Länder bezeichnen Jerusalem auch heute noch als Hauptstadt Palästinas. Jordanien hat Jerusalem 1950 sogar zu seiner zweiten Hauptstadt erklärt. Und manchmal wird es ganz burlesk: Costa Rica und El Salvador sind bisher dreimal mit ihren Botschaften umgezogen: aus Jerusalem nach Tel Aviv, zurück nach Jerusalem, und wieder nach Tel Aviv.“
Opfern muss Gerechtigkeit widerfahren
In der überregionalen saudi-arabischen Tageszeitung Al-Hayat meldet sich anlässlich des 70. Jahrestags der Nakba Saeb Erekat zu Wort, palästinensischer Chefunterhändler. Er fordert von der internationalen Gemeinschaft, ihrer politischen und moralischen Verantwortung gerecht zu werden. Konkret schlägt er vor:
„Unter internationaler Schirmherrschaft, auf Grundlage des internationalen Rechts und mit einem festgesetzten Zeitplan soll ein politischer Prozess in Gang kommen, der der Besatzung ein Ende setzt, die Zweistaatenlösung rettet und Palästina als souveränen Staat anerkennt. Wir [Palästinenser] werden uns weiter darum bemühen, in internationalen Organisationen Mitglied zu werden. ... Wir werden Beweise für Israels Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen, damit den palästinensischen Opfern Gerechtigkeit widerfährt.“
Palästinenser geben Recht auf Rückkehr nicht auf
In der Region ist kein Frieden in Sicht und die Palästinenser haben keinen Grund, auf ihre Ansprüche zu verzichten, schreibt das Monatsmagazin Zin, das von der Seite ThePressProject beherbergt wird:
„Solange keine gerechte Lösung des Konflikts vorgesehen ist, ist es eine Illusion, zu erwarten, dass die Palästinenser auf ihr Recht auf Rückkehr verzichten werden, auch wenn 70 Jahre vergangen sind. In ihrer Wahrnehmung würde das einen Verrat bedeuten, der den fatalen Fehler ihrer Vorfahren, ihre Städte und Dörfer zu verlassen, vollenden würde. Deshalb hatte Yassir Arafat 2000 nein zu Ehud Baraks 'großzügigem Vorschlag' gesagt [bei den Verhandlungen über die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates]. Deshalb lehnt Mahmud Abbas heute, trotz seiner unzähligen früheren Zugeständnisse, das von Trump geforderte 'Jahrhundertabkommen' von vornherein ab.“
Wir Juden der Schweiz sind besorgt
Le Temps veröffentlicht einen offenen Brief, unterzeichnet von mehreren Dutzend Schweizer Juden. Sie verleihen ihrer Sorge über Israels Politik gegenüber den Palästinensern Ausdruck:
„Wir, die Juden der Schweiz, sind für immer mit der Existenz des Staates Israel verbunden, dessen Legitimität manchmal in Frage gestellt wird. Wir machen uns Sorgen um seine Zukunft, denn ein Staat, der Krieg mit bestimmten Nachbarn führt, der keine international anerkannten Grenzen und eine zutiefst gespaltene Zivilgesellschaft hat, das ist ein Staat, der die Aussichten seiner Kinder auf eine sorglose Zukunft beschränkt. Ein Staat, der die Gebiete der Palästinenser besetzt, der sich dort einnistet und ihnen ihre Rechte abspricht, ist ein Staat, der eine zutiefst ungerechte Situation ohne Respekt vor den Menschenrechten schafft, die den Idealen unserer Tradition widerspricht.“