Zuckerberg sagt vor EU-Parlament aus
Knapp eineinhalb Stunden haben Abgeordnete des EU-Parlaments am Dienstag Facebook-Chef Zuckerberg zum Datenskandal um Cambridge Analytica befragt. Bereits im April hatte Zuckerberg vor dem US-Kongress dazu ausgesagt. Kommentatoren messen dem Datenschutz eine Schlüsselrolle im technologischen Wandel bei und fordern sowohl von Facebook als auch von der EU, die Privatsphäre der Bürger zu schützen.
Nur Klarheit bringt Zuckerberg Freunde
Schöne Worte helfen Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf seiner Entschuldigungstour nicht weiter, ist Lidové noviny überzeugt:
„Eine der Hauptfragen, die er zu beantworten hat, ist, wie Facebook garantieren will, dass es nicht zur Manipulation von Wahlen dient. Zuckerberg muss sagen, wer in seiner Firma den Datenabfluss an Cambridge Analytica zu verantworten hat, und was unternommen wird, um eine Wiederholung solcher Dinge zu verhindern. Wir haben auch noch nicht gehört, wie Facebook mit den Datenschützern der einzelnen, auch kleinen Länder wie Tschechien, die neuen EU-Datenschutzregeln umsetzen will. Nur klare Worte, nicht süße Formulierungen bringen Mark - wie man in seinem Netzwerk sagt - 'Freunde'.“
Europa macht unerwartet große Fortschritte
Europas Maßnahmen zum Datenschutz gehen in die richtige Richtung, lobt Carlos López Blanco, Staatsanwalt und Rechtsexperte für Telekommunikation, in El País:
„Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stellt zusammen mit der Steueroffensive gegen Apple und der Wettbewerbskontrolle des Google-Betriebssystems den bedeutendsten europäischen Versuch dar, die digitalen Spielregeln mitzubestimmen. Und hinterfragt dabei den von angelsächsischen Medien so erfolgreich geprägten Slogan, dass die Daten das neue Erdöl seien. Die Daten sind viel mehr als Erdöl. Sie gehören zur Privatsphäre der Personen und müssen daher über ihren wirtschaftlichen Wert hinausgehend geschützt werden. ... Die Anhörung von Zuckerberg und deren Folgen sowie das Inkrafttreten der DSGVO stellen einen unerwartet großen Fortschritt auf diesem Weg dar.“
Facebook an die kurze Leine nehmen
Mit der Kampagne "Freedom from Facebook" fordern linke Gruppen in den USA die Zerschlagung von Facebook. Doch damit kratzt man nur an der Oberfläche, findet die Neue Zürcher Zeitung:
„Viele Schattenseiten des Technologiewandels lassen sich auch ohne die Keule der Aufspaltung lösen. Facebook etwa kann man an die kürzere Leine nehmen, indem man es den gleichen Regeln unterstellt, die heute schon für Medienunternehmen gelten. ... Wir als Gesellschaft stecken inmitten des Prozesses, herauszufinden, welchen Preis wir im Trade-off zwischen Privatsphäre und technischen Annehmlichkeiten für Nutzer zu zahlen bereit sind. Es sind Fragen, die künftig noch wichtiger werden, wenn Algorithmen unser Verhalten antizipieren und komplementieren. Aufhalten lässt sich dieser Wandel nicht, gestalten schon.“