Wie unabhängig ist die Ukraine?
Am 24. August 1991 verkündete das Parlament der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik den Austritt aus der UdSSR und die Unabhängigkeit der Ukraine. Den Jahrestag begeht Kiew mit einer großen Militärparade und internationalen Gästen, wie dem US-Präsidentenberater John Bolton. Knapp fünf Jahre nach Beginn des Ukraine-Kriegs zeichnen Kommentatoren ein düsteres Bild des Landes.
Angst vor Putin hält Land zusammen
Die Ukraine ist fünf Jahre nach dem Euromaidan und dem Verlust von Krim und Donbass ein Land bitter enttäuschter Hoffnungen, findet der auf der Krim lebende russische Blogger Alexander Gorny in Echo Moskwy:
„Eine Militärparade in Kiew, patriotische Losungen, der Schlachtruf 'Ruhm der Ukraine'. Es gibt Horilka [Branntwein] und flammende Reden darüber, dass die Ukraine nicht wankt, auch wenn sie in Wirklichkeit etwas abgebröckelt ist. Doch all dies ist für die Ukraine wichtig, genau wie das 'dämonische' Bild Putins. Nun begeht die Ukraine schon zum fünften Mal ihren Unabhängigkeitstag ohne die Krim und den Donbass, die sie wohl für immer verloren hat - dank des Euromaidans, den so viele Bürger des Landes unterstützten in der Hoffnung auf Wandel. Doch sie bekamen keinen Wandel sondern Zerfall - unter anderem auch in den Köpfen.“
Echte Dekolonisation steht noch bevor
Die Unabhängigkeit ist noch nicht vollzogen, meint der Politologe Kostjantyn Bondarenko in der Tageszeitung Korrespondent:
„In dieser Welt gelten die natürliche Auslese und das Recht des Stärkeren. Wir haben Optionen: Entweder wir glauben an die eigene Kraft und beginnen endlich ein eigenständiges Leben oder wir bleiben eine Randnotiz der Geschichte. ... Ich glaube aufrichtig daran, dass die Ukraine die Unabhängigkeit erlangen wird. Vor uns liegt unsere richtige Dekolonisation. So schmerzhaft es auch sein mag, dass sich Schwätzer in meinem Land an der Macht befinden und [Leute, wie US-Präsidentenberater John] Bolton die Parade anlässlich des Unabhängigkeitstags abnehmen.“