Slowakei: Endet die Ära Fico?
Der dreimalige slowakische Premier Robert Fico will aus der Politik ausscheiden und sich als Verfassungsrichter bewerben. Fico hatte nach der Ermordung des Journalisten Ján Kuciak unter dem Druck von Massendemonstrationen das Amt des Regierungschefs aufgeben müssen. Seinen Rückzug aus der Politik loben Kommentatoren, fragen sich jedoch, ob das Verfassungsgericht der richtige Ort für ihn ist.
Echte Abkehr von der Politik
Die Tageszeitung Pravda, die Ficos Partei Smer nahesteht, begrüßt die Absicht des Ex-Premiers, sich vollständig aus der Politik zurückzuziehen:
„Schon vor fünf Jahren dachte Fico mit seiner damaligen Kandidatur für das Amt des Staatspräsidenten an einen Fluchtweg aus dem Parlament und der Regierungspolitik nach. Der Wechsel ins Verfassungsgericht wäre im Gegensatz dazu jedoch tatsächlich ein Abschied aus der Politik. ... Die Smer hat mit [Premier] Peter Pellegrini einen politischen Manager gefunden, der von Skandalen unbelastet ist. Zudem sieht Pellegrini die Aufgabe als Premier, anders als sein ständig kämpfender Vorgänger Fico, sehr viel entspannter. Dass Fico als Jurist für das Verfassungsgericht geeignet ist, steht außer Frage.“
Postkommunistische Gene schlagen durch
Mag sein, dass Fico die formelle Qualifikation für das Amt des Verfassungsrichters hat, ansonsten ist er aber nicht geeignet, meint dagegen der Slowakei-Experte von Denik, Luboš Palata:
„Während der Amtszeiten Ficos konnte die Slowakei den Euro einführen, den Lebensstandard Tschechiens erreichen und viele ausländische Investoren anziehen. Den Schatten des einstigen Kommunisten mit einem Hang zum Populismus und einem Netz aus ihn beeinflussenden Unternehmern konnte Fico aber nie loswerden. Er wollte ein europäischer Politiker werden, aber in der Flüchtlingsfrage überwogen seine postkommunistischen Gene. Als Vertreter der Slowakei beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hat er Bildung und Praxis erworben. Dennoch kann einer wie er in einem anständigen Land nicht Verfassungsrichter werden.“