EU und Südamerika besiegeln Freihandelsabkommen
Die EU und der südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur haben sich auf ein Handelsabkommen verständigt. Bereits im Jahr 2000 begonnen, wurden die Verhandlungen zwischen der Union auf der einen und Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay auf der anderen Seite vergangene Woche abgeschlossen. In dem so geschaffenen Wirtschaftsraum leben rund 772 Millionen Menschen. Eine gute Nachricht?
Eine historische Einigung
Das Abkommen widersetzt sich dem Trend, lobt die Neue Zürcher Zeitung:
„Man kann den Vertragsabschluss zwischen der EU und dem südamerikanischen Mercosur zur Schaffung einer Freihandelszone auch bei nüchterner Betrachtung durchaus als historisch bezeichnen. Es ist ein starkes Signal an alle, dass jetzt zwischen Europa und Südamerika eine mächtige Wirtschaftszone entsteht. Denn weltweit nehmen die Kräfte zu, die sich gegen freien Warenaustausch, internationale Handelsregeln und Abmachungen zwischen Staaten und Regionen richten. Es ist gut möglich, dass das Abkommen nun anderen Verhandlungen über Freihandelszonen neuen Rückenwind gibt. Soeben haben die EU und Vietnam ein Freihandels- und Investitionsschutzabkommen unterzeichnet.“
Freihandel ist die Wurzel aller Umweltprobleme
Nicolas Hulot, Ex-Umweltminister und bekannter Umweltschützer in Frankreich, sieht das Abkommen in einem Interview mit Le Monde kritisch:
„Diese Art politischer Entscheidung zeigt, dass wir keinen systematischen, globalen Ansatz in der Klimapolitik haben. Von Kohärenz sind wir weit entfernt. Dieser Vertrag widerspricht allem, was als Ziel festgeschrieben wurde, und dem, was zu tun ist. … Wir sind Opfer dessen, was einige Wirtschaftsexperten als 'Tragödie des Horizonts' bezeichnet haben, nämlich unseres Unvermögens, kurzfristiges und langfristiges Denken zu kombinieren. Irgendwann muss man sich entscheiden, man kann nicht alles haben. Der Freihandel ist die Wurzel all unserer Umweltprobleme. Ihn auszudehnen bedeutet, die Situation zu verschlimmern.“
Ökologie darf nicht totalitär werden
Bedenken ganz anderer Natur teilt in Le Figaro der Philosoph Pascal Bruckner:
„Die Ökologie steht am Scheideweg: Entweder sie passt sich der Demokratisierung der Gesellschaften an, oder sie wird zu einem neuen Totalitarismus im Namen des Kults der Gaia [in der griechischen Mythologie die personifizierte Erde]. Sie ist die einzig neue Kraft des letzten halben Jahrhunderts, und sie prangert die Schäden an, die Fortschritt und industrielle Gesellschaft hinterlassen. Sie hat uns für die Natur sensibilisiert und für das Tierleid, und sie sieht die Erschöpfung fossiler Energien voraus. Daraus nährt sich ein ganzes Weltuntergangsszenario, das sich bei der Gnosis sowie beim mittelalterlichen Messianismus bedient, und für das unverhältnismäßig laut die Trommel der Panik gerührt wird. Aus dieser Kirche ... kann ein neuer diktatorischer Trend hervorgehen.“