Britischer US-Botschafter geht
Der britische Botschafter in den USA, Kim Darroch, hat sein Amt niedergelegt. Damit reagierte er auf den Eklat, den die Veröffentlichung vertraulicher Notizen am Wochenende ausgelöst hatte. Dort hatte Darroch die Trump-Regierung als "unfähig" bezeichnet. Trump erwiderte erbost auf Twitter. Wie viel Schaden hat der Fall angerichtet?
Nachfolger muss mit Trump können
London braucht einen Botschafter in den USA, der von der dortigen Regierung akzeptiert wird, meint The Daily Telegraph:
„Es ist bewundernswert, dass ein Anwärter auf das Amt des britischen Regierungschefs einen Botschafter verteidigen will, der massiv beschädigt wurde und dem es nicht länger möglich ist, seinen Job zu tun - auch wenn das nicht dessen Schuld war. Doch es muss für Jeremy Hunt offensichtlich sein, dass Großbritannien jemanden braucht, der mit dem derzeitigen US-Präsidenten zusammenarbeiten kann, so lange dieser im Amt ist. Kim Darroch entspricht dieser Anforderung nicht mehr. Und es war schon vor dem TV-Duell Boris Johnson gegen Hunt offensichtlich, dass der Botschafter ausgetauscht werden muss. Wie kann ein Botschafter Großbritanniens Interessen dienen, wenn die US-Regierung sich weigert, mit ihm zusammenzuarbeiten?“
Erfrischende Offenheit
Erik Moora, Chefredakteur von Eesti Ekspress, freut sich über Darrochs offene Worte:
„Darrochs Analysen sind nichts Neues. Neu, interessant und erfrischend für Außenstehende ist aber die Tatsache, dass wir jetzt wissen, was die Spitzendiplomaten von der aktuellen Situation wirklich denken und wie sie darüber reden. In der Öffentlichkeit ist ihre Sprache ja immer das genaue Gegenteil: anerkennend, ermutigend und Probleme vertuschend. ... Natürlich ist es ein Riesenproblem für Großbritannien, weil es wegen des Brexits allein und verletzlich ist. Sie brauchen das Wohlwollen der US-Administration heute mehr denn je. Doch Trumps kleinliche und unreife Reaktion auf jegliche persönliche Kritik macht das Problem nur größer.“
Sensationsgier schadet dem ganzen Land
Durch die Veröffentlichungen wurde zu viel Porzellan zerschlagen findet hingegen Ria Nowosti:
„Die britische Daily Mail ist durch und durch 'Boulevard', zeigt aber traditionell Patriotismus. Die Veröffentlichung der Dienst-Depeschen des Diplomaten erlaubte es ihrer Leserschaft, über das außenpolitische Nähkästchen zu kichern, hat aber dem Karriere-Botschafter Darroch ein Bein gestellt und die Beziehungen des Landes zum wichtigsten Verbündeten in schwierigen Zeiten belastet. Es wird wohl noch viele Versionen geben, wer warum dieses Leak und den Artikel inszeniert hat. Fest steht, dass dies eine für die Gesellschaft nutzlose und für den Staat schädliche Veröffentlichung war. Zugunsten egoistischer und kurzfristiger Interessen gewisser Kreise in Establishment, Beamtenapparat und Medien wurden nationale Interessen des Vereinigten Königreichs geopfert.“
Typisch für die Brexit-Ära
Die Affäre ist ein Ergebnis des Brexit-Chaos', kommentiert De Volkskrant:
„Sicher ist, dass die Brexit-Befürworter Darroch als Hindernis sahen für das begehrte Freihandelsabkommen zwischen beiden Großmächten. ... Die Frage ist, wer Darrochs Nachfolger in Washington wird. May kann als amtierende Premierministerin noch schnell jemanden ernennen. Wenn sie es Johnson überlässt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es eine politische Ernennung wird. Das wäre ein Bruch mit der Tradition der Beamten-Neutralität, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgeht. ... Johnson wurde stark kritisiert, nachdem er Darroch fallen ließ. ... So sagte der prominente Konservative Tim Tugendhat, dass 'echte Führungspersönlichkeiten ihre Leute verteidigen'. Aber für Brexiteers heiligt das Ziel alle Mittel.“