ArcelorMittal will Stahlwerk in Italien loswerden
Vor einem Jahr übernahm ArcelorMittal das Stahlwerk Ilva in Taranto; nun will das Unternehmen den Vertrag auflösen. Dem Werk droht die Schließung. Das italienische Parlament hatte nachträglich eine Schutzregelung aufgehoben, mit deren Hilfe der Konzern einen Umweltplan für das Werk ohne strafrechtliches Risiko umsetzen wollte. Die Presse geht mit der Politik hart ins Gericht.
Das perfekte Alibi
Die nachträgliche Veränderung der Rechtsprechung demonstriert die Inkompetenz der Regierung in Sachen Industriepolitik, schimpft Wirtschaftsexperte Federico Fubini in Corriere della Sera:
„ArcelorMittal hat das perfekte Alibi erhalten, um nicht nur aus dem Stahlwerk auszusteigen, das 10.700 Menschen beschäftigen sollte, sondern auch, um die Anlage stillzulegen... Die Mittals wurden zu Investitionen motiviert, weil sie die Produktionskapazität in Taranto nicht einem Konkurrenten überlassen, sondern selbst kontrollieren wollten. Wenn sie es nun ohne eigene Ausgaben einfach abschalten können – was die die Regierung, indem sie die versprochenen Rechtsschutzversprechen zurückzieht, zulässt – ist dies für die Inder mehr als ein Geschenk. Ein solcher Fehler wirft die Frage auf, ob es noch jemanden gibt, der die Industriekrise Italiens zu bewältigen in der Lage ist.“
Unfähig zu klaren Entscheidungen
Die Geschichte verstärkt den Eindruck, in Italien könne man sich auf auf Politik und Recht nicht verlassen, warnt Wirtschaftsexperte Marco Girardo in Avvenire:
„Das 'strafrechtliche Schutzschild' wurde zuerst garantiert und dann wieder zurückgenommen: Die Spielregeln mitten im Spiel zu ändern ist symptomatisch für die Rechtsunsicherheit, die mangelhafte Industriepolitik und die falschen Entscheidungen, die die wirtschaftliche Verödung Süditaliens in den letzten Jahrzehnten bestimmt haben. ... Die Hochöfen von Taranto werden nicht durch die legitime Entscheidung stillgelegt werden, das Stahlwerk mit einem starken Plan für öffentliche und private Investitionen umzubauen und wieder in Betrieb zu nehmen, sondern durch die strukturelle Unfähigkeit der Politik, Entscheidungen zu fällen. Auf unserem Rücken.“