Warum die Spanier Vox wählten
Die rechtsextreme Partei Vox ist bei der jüngsten Parlamentswahl in Spanien drittstärkste Kraft geworden. Nachdem sie bei der Wahl im April erstmals ins Parlament eingezogen war, konnte sie am Sonntag ihre Sitze auf 52 verdoppeln. Wie schaffte es Vox, die erst 2013 gegründet wurde, so schnell aufzusteigen?
Die Fehler der Anderen
Politiker der beiden großen Parteien haben Vox in Spanien den Weg bereitet, erklärt Politikwissenschaftler José Ignacio Torreblanca in L'Opinion:
„Die Wahl in Spanien erlaubt interessante Rückschlüsse über die Fehler, die die traditionellen Parteien begangen haben. Die konservative Partei, die PP von Casado, hat ganz sicher eine zentrale Rolle gespielt beim Aufstieg von Vox. Als die Partei vergangenes Jahr an Beliebtheit gewonnen hatte, hat man nicht beschlossen, sie zu isolieren, sondern im Gegenteil: Man hat bestimmte Vorschläge und politische Ausdrücke übernommen. ... Pedro Sánchez, der Parteichef der Sozialisten und momentane Premier, hat auch zum Erfolg von Vox beigetragen, indem er eine zu flexible Position dem katalanischen Separatismus gegenüber eingenommen hat.“
Sánchez hat Vox beflügelt
Die Verantwortung für den Erfolg von Vox sieht Corriere del Ticino vor allem beim Premier:
„Sánchez' Pokerspiel hat zum Sieg der radikalen Rechten von Vox geführt. ... Die Partei von Santiago Abascal, ehemaliger Vertreter der Konservativen, die bis vor einem Jahr vollkommen marginal war, ist nach dem Erfolg in Andalusien zur drittstärksten Partei aufgestiegen. ... Der katalanische Aufruhr mit der urbanen Gewalt nach der Verurteilung der separatistischen Führer hat Vox Stimmen zugeführt. Aber auch die absurde, von Sánchez gewünschte Exhumierung der sterblichen Überreste des Diktators Franco aus dem 'Tal der Gefallenen', wie auch zum Teil die Frage der Migranten (wenngleich sie in Spanien weniger stark ins Gewicht fällt) und vor allem die Unfähigkeit anderer Parteien, eine Regierung zu bilden.“
Historischer Rechtsruck
Oleh Pawljuk ist auf der Plattform von Radio Hromadske über den Zuwachs bei den Rechtsradikalen erschrocken:
„Der größte Aufreger dieser Wahl war der Aufstieg der rechtsextremen Vox, die 2013 von ehemaligen Mitgliedern der Volkspartei gegründet wurde. Bei der Wahl im April 2019 belegte Vox mit 24 Sitzen unerwartet den fünften Platz. Jetzt ist sie auf den dritten Platz vorgerückt und wird 52 Abgeordnete im Kongress haben. Zum ersten Mal seit 1982 kamen Vertreter der äußersten Rechten in das spanische Parlament. … Die Wahlerfolge von Vox haben die ideologisch nahestehende Volkspartei und Cuidadanos gezwungen, teilweise ebenfalls auf rechte Rhetorik zu setzen.“