Wien und Visegrád-Staaten uneins bei Atomenergie
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat am gestrigen Donnerstag die Regierungschefs der Visegrád-Staaten in Prag getroffen. Dabei ging es auch um Energiepolitik und Klimaschutz: Kurz sagte, es komme für Wien nicht in Frage, dass die EU für ihre Klimaziele den Ausbau der Atomenergie fördere. Kommentatoren in Prag und Bratislava schwant nun nichts Gutes.
Dogmatische Radikalität
Wie man den Österreichern erklären kann, dass die Atomenergie sehr wohl geeignet ist, die hohen Klimaziele zu erreichen, fragt sich Lidové noviny:
„Ja, wir begreifen den Nachdruck, den man in Österreich auf CO2-Neutralität legt. Wir verstehen auch die dortige Abneigung gegen Atomenergie. Aber wenn wir eine Liste der Prioritäten aufstellen, dann muss ganz oben die Vermeidung von Emissionen stehen. Die Atomkraft trägt dazu bei. ... Oder ist die Atomenergie wirklich so ein Teufelszeug? Die radikale Ablehnung der Österreicher erinnert schon an ein religiöses Dogma.“
Nur über Österreichs Leiche
Sme sieht den Konflikt der Ostmitteleuropäer mit Österreich über die Atomenergie in eine schärfere Phase eintreten:
„Kurz wird - mit den Grünen als Koalitionspartner - keine Zugeständnisse machen, was ein Recht jedes EU-Mitglieds auf seinen eigenen Energiemix betrifft. Das bedeutet, dass Tschechien, die Slowakei und Ungarn europäische Mittel zur Klimaneutralität über Atomstrom nur über Österreichs Leiche bekommen werden. Die Schlussfolgerung der Regierungschefs aus Prag und Bratislava, Babiš und Pellegrini, dass Unterschiede in der Wahrnehmung der Kernenergie die Entwicklung der Beziehungen zwischen Österreich und Visegrád nicht behindern werden, ist daher mehr als fragwürdig. Es besteht ein großer Widerspruch zwischen dem Propagandaziel des Gipfels, Einigkeit zu demonstrieren, und der Realität der nahen Zukunft.“