Italien sorgt sich um Geburtenrate
Mit rund 435.000 Neugeborenen im Jahr 2019 kommen in Italien nur knapp halb so viele Kinder auf die Welt wie vor 45 Jahren. Die Geburtenzahl liegt damit auf dem niedrigsten Stand seit 1861. Das einst kinderreiche Land ist mit 1,29 Kindern pro Frau inzwischen das Schlusslicht in Europa, wie neue Daten Statistikamts ISTAT zeigen. Kommentatoren schauen neidisch nach Frankreich.
Trend mit weitsichtiger Politik umkehren
In der Familienpolitik muss sich Italien endlich ein Vorbild an anderen Ländern nehmen, fordert der Soziologe Mauro Magatti in Corriere della Sera:
„Die Bedingungen, unter denen unsere jungen Menschen leben - sei es in puncto Arbeit (Niedriglöhne, anhaltende Prekarität und schwierige Karrierewege, insbesondere für Frauen im gebärfähigen Alter), Wohnen (anhaltend überhöhte Preise auf dem Immobilienmarkt) oder Dienstleistungen (rare und teure Kindergartenplätze) - erschweren die Entscheidung für eine Familiengründung. ... Der internationale Vergleich - vor allem mit Frankreich, wo eine weitsichtige Politik die Geburtenrate wieder auf 2,01 Kinder pro Frau zurückgeführt hat - zeigt deutlich, dass nur gezielte und langfristige Maßnahmen dieses Problem lösen können.“
Frankreich zeigt, wie es geht
Den konkreten Vergleich mit Frankreich stellt die Pariser Korrespondentin Anais Ginori in La Repubblica an:
„Schwangere sehen sich in Frankreich schnell von fleißigen Beamten umringt. Sie drängen darauf, werdenden Müttern einen vollständigen Überblick über die verschiedenen Dienstleistungen zu bieten. ... In Italien kann allein die Kindergartenplatzsuche zur Verzweiflung führen. In Frankreich wissen Familien, dass sie auf ein breit gefächertes Angebot zählen können, darunter Kinderkrippen, Hauskrippen und andere Betreuungseinrichtungen. Das System verändert die Mentalitäten grundlegend. Während eine Italienerin mitunter als schlechte Mutter angesehen wird, weil sie sechs Monate nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten will, reichen den meisten französischen Frauen drei Monate Mutterschaftsurlaub, um zur Arbeit zurückzukehren, und niemand verurteilt sie dafür.“