Hat Russland eine Terrorgruppe "erfunden"?
Im russischen Pensa hat ein Gericht sieben junge Männer zu Haftstrafen zwischen sechs und 18 Jahren verurteilt. Sie hätten, so die Anklage, eine linke Terrororganisation namens Set (Netz) gegründet und Umsturzabsichten gehabt. Doch die Gruppe hat keinerlei konkrete Taten verübt und die NGO Memorial kritisiert, dass die Geständnisse unter Folter erpresst worden seien. Entsprechend groß ist die Empörung.
Der einzige Terrorakt ist das Urteil
Echo Moskwy veröffentlicht einen offenen, schon von 2700 russischen Wissenschaftlern und Journalisten unterzeichneten Appell, das Urteil zu revidieren:
„Die harten Beschuldigungen beruhen auf äußerst zweifelhaften 'Beweisen'. Die Verurteilten berichteten mehrfach von Folterungen zur Erpressung von Geständnissen, aber diese Aussagen wurden im Ermittlungsverfahren und im Prozess faktisch ignoriert. Alles, was wir über den 'Fall Set' wissen, spricht dafür, dass er komplett fabriziert wurde. Das offensichtlich ungerechte Urteil zeugt von einer völligen Lähmung des unabhängigen Justizsystems in unserem Land. Nicht die erdachten 'Terrorakte', die die Verurteilten 'vorhatten zu planen', sondern das Urteil selbst ist der eigentliche Terrorakt.“
Ermittlungserfolge unter Fake-Verdacht
Wedomosti kritisiert, dass die Erfolgsmeldungen der russischen Behörden - jedes Jahr würden angeblich Dutzende von Terrorzellen enttarnt - durch derartige Fälle ad absurdum geführt werden:
„Diese Daten sind schwer überprüfbar, genauso wie die Methoden der Enttarnung - waren das wirklich Terroristen oder nur junge Leute, die Airsoft gespielt haben? ... Wie die Fahnder tatsächlich arbeiten, erfährt die Gesellschaft durch derartige Prozesse. ... Nach den Aussagen der Angeklagten und Zeugen spielt dabei üblicherweise ein Provokateur aus den Reihen der Behörden eine Hauptrolle. Terrorismusbekämpfung ist eine wichtige Aufgabe der Sicherheitsdienste. Aber wenn den Erfolgen Provokationen und Selbstbezichtigungen unter Folter zu Grunde liegen, ist der reale Wert dieser Erfolge gleich Null.“
Freiheit für alle!
Der ukrainische Regisseur Oleg Senzow, der ebenfalls in russischer Haft saß und beim Gefangenenaustausch im September 2019 frei kam, fordert auf gordonua.com Solidarität mit allen politischen Gefangenen in Russland:
„Ich habe immer die Russen unterstützt, die gegen das Putin-Regime kämpfen und daran glauben, dass die Krim zur Ukraine gehört. Weil dieser Drache der gemeinsame Feind aller normalen Menschen ist. ... In den Gefängnissen Mordors schmachten Hunderte, wenn nicht Tausende solcher Menschen, die es gewagt haben, den Diktator herauszufordern, oder einfach nicht gleichgültig sind. Einer von ihnen ist Kostya Kotov, der für mich und andere ukrainische politische Gefangene auf die Straße gegangen ist. ... Während des Prozesses trug er ein T-Shirt mit meinem Porträt, weil er glaubt, dass meine Geschichte ihn zum Protest ermutigte. ... Freiheit für Konstantin Kotov und alle politischen Gefangenen!“