Vergewaltigung: Harvey Weinstein schuldig gesprochen
Ein New Yorker Gericht hat den ehemaligen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein am Montag wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung schuldig gesprochen. In zwei Anklagepunkten sprachen die Geschworenen den 67-Jährigen dagegen frei, darunter vom schwersten Vorwurf "raubtierhafter sexueller Angriffe". Kommentatoren zeigen sich erleichtert über das Urteil, sehen aber auch noch viel Handlungsbedarf.
Doch nicht unangreifbar
Weinstein glaubte, über dem Gesetz zu stehen - nun wird er eines Besseren belehrt, freut sich der Schriftsteller und Drehbuchautor Gabriele Romagnoli in La Repubblica:
„Dass er sich für unantastbar hielt, wurde auch gestern wieder deutlich - in seiner hochmütigen Haltung, als die Jury sich zur Beratung zurückzog, in der Ungläubigkeit, die er zeigte, als die Beamten sich ihm mit Handschellen näherten, in der Art und Weise, wie er den Gerichtssaal verließ, auf dem Weg in eine Zelle, in der er glaubt, nicht lange bleiben zu müssen. Es fehlte nur noch, dass er sich zum politischen Gefangenen erklärt, zum Opfer einer Verschwörung, die von der anderen Hälfte der Erde geschmiedet wurde. Harvey Weinstein war davon überzeugt, dass er die Bühne auf freiem Fuß und erhobenen Hauptes verlassen würde. ... Und vielleicht genauso hätte weiter machen können wie bisher. ... Dem ist nicht so.“
Täter-Opfer-Umkehr noch immer omnipräsent
Der Standard sieht in dem Urteil einen ersten Fortschritt bei der konsequenten Ahndung von sexueller Gewalt gegen Frauen, aber auch nicht mehr:
„Ja, das Urteil ist eine gute Nachricht, eine, dass Männer wie Weinstein nicht mehr mit allem durchkommen. Allerdings wissen wir auch, dass sie noch immer mit ziemlich viel durchkommen. Weinstein konnte immerhin viele Jahrzehnte gewähren, und es brauchte die Kraft sehr vieler Betroffener, dass es zu einem Urteil kam. Und dieser Prozess zeigte auch, wie erschreckend plump und selbstverständlich die Täter-Opfer-Umkehr offenbar noch immer zum selbstverständlichsten Vokabular bei sexualisierten Übergriffen gehört. Und das macht etwas mit Betroffenen. Mit jenen vor Gericht, und mit jenen, die deshalb den Weg dorthin wohl nie gehen werden.“