Ukraine: Labile Oster-Waffenruhe – wie interpretieren?
Wladimir Putin hat am Karsamstag einseitig eine Waffenruhe für 30 Stunden verkündet, die von der Ukraine übernommen wurde. Sie wurde an der Front nur bedingt eingehalten, doch Luftangriffe blieben beiderseits aus. Kommentatoren bewerten die Entwicklung angesichts der Drohung Donald Trumps, die US-Vermittlung einzustellen, sollten die Konfliktparteien nicht richtig mitziehen.
Europas Unterstützung darf nicht nachlassen
Kyjiw kann in diesem Krieg nur auf sich selbst und Europa zählen, betont Ilta-Sanomat:
„Nur die Ukraine und die europäischen Länder, die sie unterstützen, scheinen ein echtes Interesse an einem gerechten Frieden zu haben, während Russland seinen Eroberungskrieg fortsetzen will und die derzeitige US-Regierung aus eigenen, unerfindlichen Gründen den Krieg überstürzt zu Ende führen will, ohne sich um die Bedingungen oder das Schicksal der Ukraine zu kümmern. Die Ukraine hat keine andere Wahl, als sich weiter zu verteidigen, und Europa hat keine andere Wahl, als die Ukraine weiter zu unterstützen und seine eigene Verteidigung zu stärken.“
Körnchen gegenseitigen Vertrauens
Journalistin Farida Rustamowa konstatiert in einem von Echo übernommenen Telegram-Post über Ostern eine Bewegung der Kriegsparteien in Richtung Verständigung:
„Selenskyj und Putin haben zugegeben, dass die Intensität der Kämpfe auf beiden Seiten abgenommen hat. ... Putin machte Kyjiw nicht für ein Scheitern der Osterwaffenruhe verantwortlich. Selensky sagte, es habe am Sonntag keine Luftangriffe auf die Ukraine gegeben, und 'dieses Format der Ruhe ist am einfachsten fortzusetzen.' Er schlug Russland vor, ein 30-tägiges Moratorium auf Angriffe auf zivile Ziele festzulegen. Putin hat diesen Vorschlag nicht vollständig abgelehnt. Und schloss (überraschenderweise) nicht einmal direkte Kontakte mit der Ukraine in dieser Frage aus ... Es scheinen winzige Körnchen gegenseitigen Vertrauens feststellbar zu sein.“
Eine Botschaft an Washington
Kolumnist Pierre Haski sieht in France Inter vor allem ein Signal an den US-Präsidenten:
„Solche Waffenstillstandsankündigungen sind in erster Linie Kommunikation. ... Diesmal war es Putin, der eine Botschaft an Trump richtete. Nur 24 Stunden vor der russischen Ankündigung einer Waffenruhe hatte sich der US-Präsident verärgert über die fehlenden Fortschritte in den Verhandlungen zur Beendigung des Ukrainekriegs gezeigt. Der 'König des Deals', der Frieden innerhalb von 24 Stunden versprochen hatte, steht ohne Ergebnis da und seine Administration drohte, alles hinzuschmeißen, sollte es nicht endlich vorangehen. Moskau und Kyjiw verstärken daher ihre Bemühungen, damit im Fall eines Scheiterns die Verantwortung dem jeweils anderen Lager zugeschoben werden kann.“
Für Trump und Putin steht zu viel auf dem Spiel
Journalist Emilian Isaila bezweifelt bei Spotmedia, dass die USA die Ukraine im Stich lassen werden:
„Ich glaube nicht, dass Trump den Mut haben wird, die militärische Hilfe für die Ukraine noch einmal zu stoppen, da es zu Spannungen innerhalb seines Kabinetts kam, nachdem er im März eine solche Entscheidung traf, die wenige Tage später wieder aufgehoben wurde. Trump kann sich das politische Risiko nicht leisten, von der Opposition beschuldigt zu werden, dass seinetwegen unschuldige Menschen in der Ukraine ums Leben kommen. In den kommenden Tagen wird interessant sein, wie Putin reagieren wird. Wird der Kremlchef zulassen, dass sich Trump aus den Verhandlungen zurückzieht? Meiner Meinung nach ist die Gefahr für den russischen Präsidenten so groß, dass er sich widersetzen wird. Wir werden sehen, wie.“
Ohne dritte Kraft ist ein Frieden schwierig
Militärexperte Darius Antanaitis lotet in Bernardinai die Möglichkeit aus, Frieden ohne Vermittlung Washingtons zu erreichen:
„Ein langfristiges Friedensabkommen ohne Beteiligung der USA ist theoretisch möglich, da die Verhandlungen letztlich zwischen der Ukraine und Russland stattfinden müssten. Allerdings braucht es eine dritte Kraft, die genügend Einfluss besitzt, um auf beide Seiten einzuwirken. Ein dauerhafter Waffenstillstand und ein belastbares Abkommen wären also auch ohne die USA denkbar – denn was die Ukraine vor allem braucht, ist eine langfristige Sicherheitsgarantie. Und die könnten im Zweifel nicht nur die USA, sondern beispielsweise auch China bieten.“