Gespräche zwischen USA und Iran: Bricht das Eis?
Nach zwei Verhandungsrunden über das iranische Atomprogramm wollen Washington und Teheran weiter im Gespräch bleiben. Die Verhandlungen kämen gut voran, erklärte Irans Außenminister Abbas Araghtschi nach dem Treffen mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff am Samstag in der Botschaft des Oman in Rom. Der arabische Staat fungiert als Vermittler. Kommentatoren ordnen ein.
Totale Kapitulation nicht zu haben
Die Atomgespräche laufen wohl auf einen Kompromiss hinaus, meint die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Dass man wenig darüber weiß, was genau auf dem Verhandlungstisch liegt, spricht eher dafür, dass hier professionell und zielgerichtet geredet wird. Fast will man sich kneifen und fragen: Ist hier wirklich die Trump-Regierung am Werk? ... [A]uch die neue Regierung kennt wohl keine besseren Optionen als die, die Trump in der ersten Amtszeit mit großer Geste vom Tisch gefegt hatte: einen Kompromiss, der Irans Wirtschaftslage verbesserte und dem Westen Zuversicht gäbe, dass Iran vorerst keine Atombombe baut oder bauen kann. Denn die totale Kapitulation, die Trump stets verlangte, wird auch von einer durch Israels Schläge geschwächten iranischen Führung nicht zu kriegen sein.“
Washington braucht einen diplomatischen Erfolg
Trump hat positive Signale aus dem Iran nötig, meint news.bg:
„Angesichts des erneuten Krieges im Gaza-Streifen und des laufenden Krieges in der Ukraine muss der US-Präsident ein positives Beispiel für seine Diplomatie liefern. Er hat immerhin erklärt, dass der Erfolg seiner Außenpolitik auch daran gemessen werde, ob er die Entstehung neuer Konflikte und die Verwicklung der USA in neue Konflikte verhindert. Der Iran ist der reinste Test für Trumps Friedensversprechen, denn ob es im Nahen Osten einen neuen Krieg geben wird, hängt vor allem von ihm ab, während der Krieg in Gaza von Israel und der in der Ukraine von Russland abhängt.“
Ein guter Anfang angesichts der Gefahr
Der Iran muss daran gehindert werden, weiterhin waffenfähiges Uran zu produzieren, meint Der Standard:
„Einstweilen ist als erstaunlichstes Faktum der neuen Atomgespräche zwischen den USA und dem Iran festzuhalten, dass sie stattfinden. ... [Irans] Wirtschaft ist durch Sanktionen ruiniert, die Menschen leben am Anschlag. Das strategische Netzwerk des Iran in der Region, die sogenannte 'Achse des Widerstands', ist kaputt, die eigenen militärischen Systeme vom israelischen Angriff im Oktober schwer angeschlagen. Und der US-Präsident droht mit Krieg, sollte es keinen neuen Atomdeal geben. Diese US-Drohung blieb am Samstag offenbar aus: Witkoff trat als der 'good cop' auf ... Das dringendste Anliegen im Moment ist tatsächlich, die Anhäufung von fast waffenfähigem Uran durch den Iran zu stoppen.“
Entscheidender Dialog für den Nahen Osten
Corriere della Sera äußert Hoffnung:
„Man kann in einem so komplexen Moment nicht optimistisch sein, aber die Vereinigten Staaten und der Iran haben miteinander gesprochen, wenn auch nicht direkt, sondern dank der Vermittlung des Außenministers von Oman, Badr bin Hamad Al Busaidi. ... Es versteht sich fast von selbst, dass dieser Dialog, der gerade erst begonnen hat, ein entscheidendes Element für eine andere Zukunft sein kann, zumindest (aber nicht nur) im Pulverfass Nahost. Eine wesentliche Voraussetzung ist, Ayatollah Khamenei zu überzeugen, einige wichtige Schritte zurück zu machen und gleichzeitig die Schwäche seines gefährlichen Regimes einzugestehen, das in letzter Zeit viele Niederlagen erlitten hat.“
Ohne Alternative für Teheran
Iran steht mit dem Rücken zur Wand, betont die taz:
„Trump [setzt] auf wirtschaftliches Zuckerbrot und militärische Peitsche. Er wolle, dass der Iran ein 'glückliches Land' werde. ... Doch er macht klar, Iran werde 'in großer Gefahr' sein, sollten die Verhandlungen scheitern. Die USA hat bereits vermehrt B-2-Bomber im Indischen Ozean stationiert; eine zweite Flugzeugträgergruppe wurde im Nahen Osten eingesetzt. ... Eine zweite Gesprächsrunde zwischen Iran und USA soll diese Woche folgen. Und dass der Iran am Verhandlungstisch sitzt, zeugt von seiner Schwäche. Chamenei weiß, dass die Zukunft seines Regimes vom Verlauf dieser Gespräche abhängt.“
Trumps letzte Chance auf Erfolg
Der israelische Journalist Sergej Auslender sieht in einem von Echo übernommenen Telegram-Post den Iran in günstiger Ausgangslage:
„Die Iraner sind nicht dumm und haben sofort Trumps Hauptproblem verstanden: Er muss wenigstens irgendetwas vorweisen in seinen 100 Tagen als Präsident. Waffenstillstand in der Ukraine – negativ, die Rückkehr der Geiseln aus Gaza und die Einstellung des Krieges dort – negativ, der Handelskrieg – völlig unklar, was das sein soll, also bisher auch nichts. Bleibt der Iran. Deshalb haben die Iraner laut Wall Street Journal bei den Verhandlungen im Oman gleich einen Haufen Bedingungen aufs Tapet gebracht, bei denen vorrangig das Wort 'unverzüglich' auffällt. ... Bleibt die Hoffnung, dass die Iraner den Bogen überspannen, Trump die Wut kriegt - und dann ist klar, was passiert.“
Risiko des Scheiterns bleibt hoch
Nahostexperte Ihor Semywolos gibt sich in einem von Espreso übernommenen Facebook-Post keinen große Illusionen hin:
„Am wahrscheinlichsten werden die beiden Seiten eine begrenzte Einigung erzielen: Der Iran wird vorübergehenden Beschränkungen im Nuklearbereich zustimmen, und die USA einer teilweisen Lockerung der Sanktionen. ... Das Abkommen wird aufgrund des Misstrauens zwischen den beiden Parteien und des Drucks seitens Israels und Saudi-Arabiens, die es für unzureichend halten werden, dennoch brüchig bleiben. ... Das Risiko des Scheiterns wird hoch bleiben, insbesondere wenn Israel oder der Iran zu Provokationen greifen. Ein umfassender Krieg ist unwahrscheinlich, aber punktuelle oder asymmetrische Angriffe könnten den weiteren Dialog erschweren.“