Ramadan im Lockdown
Der muslimische Fastenmonat findet in diesem Jahr unter ungewöhnlichen Bedingungen statt. Wegen der Corona-Krise sind in vielen Ländern die Moscheen zu den Gebetszeiten geschlossen, Pilgerfahrten und öffentliches Fastenbrechen sind vielerorts verboten. Wie kann unter diesen Umständen die Bedeutung des Ramadans erhalten bleiben?
Isoliert, aber stärker geeint
Die fastenden Gläubigen sind in der Corona-Krise nicht unbedingt einsamer, erläutert Kolumnist Pierre Haski im Radiosender France Inter:
„Wie den anderen großen Religionen fiel es auch dem Islam zunächst schwer, sich mit der zunehmenden Bedrohung der Pandemie abzufinden. Zu akzeptieren, dass ein Virus die Glaubensrituale in der Gruppe unterbrechen kann, ist für die, die an die Kraft des religiösen Absolutismus glauben und jedem ungewohnten Ereignis einen göttlichen Sinn beimessen, schwer hinnehmbar. ... Feiern ist dieses Jahr aufgrund von Ausgangssperre und Wirtschaftskrise eine traurige Angelegenheit. Dafür steht jedoch ein ganz anderer Wert hoch im Kurs: die Solidarität, ein notwendiges Gut, in dem sich Gläubige und Nichtgläubige gegen einen gemeinsamen Feind vereint wiederfinden.“
Islam ist eine Religion für schwere Zeiten
Nun müssen Muslime sich erst recht auf die Religion besinnen, findet die islamisch-konservative Yeni Şafak:
„Das Coronavirus hat den Ramadan, die Pilgerfahrt und unser Freitagsgebet beeinflusst. Was heißt schon beeinflusst - es hat sie sozusagen vernichtet! ... Nun ist es unsere Pflicht, anständig zu sein, die Weisheit dieser Situation zu erkennen. Eine Lektion zu lernen. Eine Laterne zu sein, die einen Ausweg bietet aus dieser Katastrophe, welche die Menschheit in jeder Hinsicht in Dunkelheit begräbt, aus dieser kafkaesken Düsternis, aus dieser surrealen Absurdität. ... Der Islam ist eine Religion für schwere Zeiten. ... In den Momenten großer Zerstörung und Katastrophen, die die ganze Menschheit erschüttern, ist er der sicherste Hafen und die hoffnungsvollste Zuflucht.“