Entpuppt sich der schwedische Weg als Sackgasse?
Seit Beginn der Corona-Krise erregt Schweden wegen seines liberalen Umgangs mit der Pandemie Aufmerksamkeit. Zuletzt mehrten sich aufgrund der vergleichsweise hohen Todeszahlen kritische Stimmen. Der führende schwedische Virologe Anders Tegnell hat nun am Mittwoch erklärt, dass die Strategie seines Landes in Teilen revidiert werden müsse. Waren die Schweden mit ihren Behörden zu unkritisch?
Regierung sollte für Fehler einstehen
So wie Tegnell Fehler eingeräumt hat, müsste es auch die Regierung tun, fordert Dagens Nyheter:
„Es ist nicht zu spät, anders zu handeln. Nicht nur soziale Distanzierung kann als Gas- oder Bremspedal verwendet werden, auf das Schweden seine gesamte Strategie gestützt hat. Zusammen mit moderner Technologie - Massentests, digitaler Infektionserkennung und -isolierung - kann die Infektionsrate minimiert werden. ... Es ist Zeit zu erkennen, dass es die Regierung ist, die hier Verantwortung übernehmen muss. Dass es [Ministerpräsident] Löfven und [Gesundheitsministerin] Hallengren sind, die die Antworten schuldig sind.“
Mehr Misstrauen künftig angebracht
Das Vertrauen der Schweden in ihre Demokratie ist zum Problem geworden, findet die Berliner Zeitung:
„[A]ußerhalb von Krisenzeiten erleichtert es dem Staat die Fürsorge für die Bevölkerung. Während der Pandemie aber ermöglicht es ein System organisierter Verantwortungslosigkeit. Die rot-grüne Minderheitsregierung ... delegiert ihre Entscheidungen an die Experten der Gesundheitsbehörde ... . Die Gesundheitsbehörde stützt sich auf ausgewählte wissenschaftliche Erkenntnisse - und relativiert solche, die den Hypothesen ihrer kleinen Führungsmannschaft widersprechen. Das Ergebnis ist, dass einer der reichsten Sozialstaaten der Welt die Schwachen in seiner Gesellschaft schlechter vor der Pandemie schützt als manche Entwicklungsländer. Und dass die Bevölkerung dies akzeptiert, weil ja alles seine Ordnung hat. Für die nächste Krise möchte man den Schweden mehr Misstrauen wünschen.“