Krawalle in Stuttgart: Ratlose Ursachenforschung
In der Nacht zum Sonntag kam es in Stuttgart zu Plünderungen von Geschäften, Schlägereien und Straßenschlachten, Einsatzkräfte wurden mit Flaschen und Steinen beworfen. Auslöser war möglicherweise die Drogenkontrolle eines Jugendlichen. Die Krawallnacht beschäftigt in diesen Tagen nicht nur deutsche Medien, und auch andere Länder verzeichnen gewaltvolle Zusammenstöße zwischen Bürgern und Polizei.
Polizisten sind zu Freiwild geworden
Die Verwunderung über die Bilder aus Stuttgart findet die Frankfurter Allgemeine Zeitung wohlfeil:
„Wer lange wegsieht, bekommt irgendwann die Rechnung. So berechtigt Debatten über Grenzüberschreitungen durch die Polizei und extremistische Vorfälle auch sind, so offenkundig sind die einst 'Freund und Helfer' genannten Beamten zum Jagdobjekt geworden; Freiwild für Kinder einer Gesellschaft, die zu deren Freiheit und Wohlstand kaum etwas beigetragen haben. … Es ist traurig, dass offenbar noch betont werden muss, dass die Gewalt rückhaltlos aufgeklärt werden solle. … Zu schnell auch der Schluss, der Gewaltausbruch sei nicht politisch motiviert. Was ist offene, gezielte Gewalt gegen den Staat denn sonst?“
Desintegration in ihrer hässlichsten Form
Auch für die Kleine Zeitung waren die Gewaltexzesse alles andere als unpolitisch:
„Das war kein Spaß, der über die Stränge schlug und sich in männlicher Trunkenheit vergaß, als Druckausgleich für das Eingeschlossensein und die trübe Aussicht auf die Zukunft. Die Verachtung, die der Polizei entgegenschlug, galt dem Staat. Ihn trat und schlug man. … Richtig ist: Der Aufruhr ist politisch nicht eindeutig zuordenbar. Die Horde war amorph und ohne Programm. Es waren Deutsche, aber nicht nur. Es waren Antifa-Rowdies, aber nicht nur. Es waren Migrantenmilieus, aber nicht nur. Nicht nur, aber in irritierend hoher Zahl: Desintegration in ihrer hässlichsten Form. Wer das verschweigt, überlässt die Stuttgarter Erzählung den rechten Vereinfachern und macht sie stark.“
Ordnungshüter brauchen Vertrauen
In Finnland musste die Polizei am Wochenende gegen Exzesse während der Mittsommerfeierlichkeiten einschreiten und gab es in Helsinki Angriffe gegen Polizisten. Sie werden hoffentlich eine Ausnahme bleiben, bemerkt Turun Sanomat:
„Die Polizei in den USA ist zu Recht wegen der exzessiven Anwendung von Gewalt und rassistisch motivierter Diskriminierung kritisiert worden. … In Finnland kann man der Polizei keine übermäßige Gewalt vorwerfen, geschweige denn, dass der Finger zu locker am Abzug sitzen würde. Gewalt gegen die Polizei lässt sich in keinster Weise rechtfertigen. Beispiele finden gewöhnlich Nachahmer. Hoffentlich ist das hier nicht der Fall. Die Polizei in Finnland genießt breites Vertrauen und hohes Ansehen. Das sind die Voraussetzungen dafür, dass Ordnung und Sicherheit zuverlässig, effizient und unparteiisch aufrechterhalten werden können.“