Lettlands Eltern sollen Digitalisierung stemmen
Lettlands Bildungsministerium will das Bildungsgesetz ändern und damit unter anderem Eltern verpflichten, dafür zu sorgen, dass ihre Schulkinder einen Computer mit Internetanschluss haben. Bei lettischen Journalisten sorgt dieser Vorstoß für ungläubiges Kopfschütteln.
Träume weitab der Realität
Lettlands Infrastruktur ist für digitalen Unterricht noch nicht bereit, kritisiert Diena:
„Das ist doch absurd, dass die Eltern verpflichtet werden, ihrem Kind den Zugang zum Internet zu gewährleisten. ... Auch wenn die meisten Internetanbieter alles tun, damit das ganze Land abgedeckt ist, sind Internetzugänge doch nicht überall verfügbar. ... Wenn die Idee der Bildungsministerin tatsächlich umgesetzt wird, bleibt unklar, wie die Regierung es schaffen will, dass alle Schüler in Lettland, unabhängig von Wohnort und Uhrzeit, eine stabile Internetverbindung haben werden. Auf jeden Fall ähnelt diese Idee momentan eher Träumen. Über die praktische Seite scheint im Ministerium momentan niemand nachgedacht zu haben.“
Wahl zwischen Kartoffeln oder Computer
Der Vorstoß des lettischen Bildungsministeriums ist vollkommen unmöglich, findet Neatkarīgā:
„Zumindest haben wir noch die Verfassung und im Artikel 12 steht, dass die Ausbildung kostenlos ist. Deshalb klingt die Idee, dass Eltern verpflichtet sein sollen, Computer und Internet für ihre Kinder zur Verfügung zu stellen, verfassungswidrig. Denn dies sollten die Kommune oder der Staat tun. Aber jetzt wird der Artikel 12 völlig ignoriert, weil er sowieso nicht funktioniert - alle Eltern können ein Lied davon singen, wie teuer die vermeintlich kostenlose Schulbildung ist. ... Viele werden vor einer schwierigen Wahl stehen: Kartoffeln oder Computer. Und was werden die Schulkinder tun, deren Eltern zu tief in die Wodkaflasche geblickt haben? Bei denen fehlt das warme Essen, von Büchern, Bleistiften und Internet ganz zu schweigen.“