Labour will die Mitte zurückerobern
In Sachen Brexit und Corona sei die Regierung Johnson gescheitert. Das sagte Parteichef Keir Starmer auf dem Labour-Online-Parteitag, der am Dienstag zu Ende ging. Doch auch mit dem Linkskurs seines Vorgängers Jeremy Corbyn, unter dem Labour das schlechteste Wahlresultat seit 1935 erzielt hatte, ging Starmer hart ins Gericht. Bringen seine gemäßigten Töne Labour wieder auf die Erfolgsspur?
Der Mut ist da, fehlt noch der klare Kurs
Nun muss der neue Parteichef nachlegen, analysiert The Evening Standard:
„Ja, Keir Starmer hielt eine gute Rede. Aber wie viele Wähler werden sie jemals sehen, insbesondere in den traditionellen Labour-Hochburgen? Wie steht er zum Thema Schottland? Er ist zeitlich noch nicht unter Druck, doch irgendwann muss er damit beginnen, einen klaren Kurs zu skizzieren - und das wird ihn verwundbar machen für Angriffe sowohl der Tories als auch linker Hardliner. Insgesamt kann Starmer mit seinem ersten großen Auftritt zufrieden sein, vor allem damit, dass er endlich den Mut bewies, sich mit Premier Boris Johnson anzulegen. Der ist trotz seiner aktuellen Probleme immer noch ein nicht zu unterschätzender politischer Gegner, der Wahlen gewinnen kann.“
Mit Linkspatriotismus wieder regierungsfähig?
Um Labour wieder an die Macht zu bringen, bricht der Parteichef gezielt mit seinem Vorgänger Jeremy Corbyn, analysiert der London-Korrespondent von Corriere della Sera, Luigi Ippolito:
„In seiner Rede verkündete Starmer, dass nie wieder Labour-Mitglieder zur Wahl stehen werden, die in Bezug auf die nationale Sicherheit nicht als zuverlässig gelten. Eine klare Attacke gegen Corbyn, der gerade wegen seiner 'antiimperialistischen' Militanz an Zustimmung verlor, die ihn dazu gebracht hatte, mit allen Feinden des Westens zu sympathisieren, von der Hisbollah über Chávez bis zu den nordirischen Terroristen der IRA. Schluss mit Missverständnissen und Zweideutigkeiten, sagt Starmer jetzt: Nation und Familie, das sind die Werte von Labour.“
Mit Radikalen ist kein Staat zu machen
Starmer sollte an die Gegner eines Mitte-Kurses bloß keine Konzessionen machen, rät The Independent:
„Jeder moderate Labour-Politiker, der einen Wahlsieg anstrebt, muss darauf hinarbeiten, die stalinistischen Mitglieder loszuwerden - je früher, desto besser. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Labour-Chef weiterhin gegen parteiinterne Agitatoren auf Schüler- und Studentenniveau ankämpfen muss: Jede offizielle Pressemitteilung der Partei wird durch hasserfüllte Posts von Personen mit Hämmern und Sicheln in ihren Twitter-Profilen konterkariert. Der vielleicht sauberste Weg, die Angelegenheit zu regeln, besteht darin, dass der Labour-Führer diese linke Fraktion so sehr beleidigt, dass deren Anhänger ihre Mitgliedschaft von sich aus kündigen.“