USA: Warum zündelt Trump weiter?
In seinen letzten Amtstagen sorgt US-Präsident Trump für neuen Furor. Laut Medienberichten forderte er in einem Telefonat mit dem Staatssekretär von Georgia die nachträgliche Änderung des Wahlergebnisses der Präsidentschaftswahl. Auch im Vorfeld der Stichwahlen um zwei Senatssitze in dem Bundesstaat sprach Trump von Wahlbetrug. Kommentatoren analysieren sein Verhalten.
Abgang als politischer Gangster
Trumps telefonische Bemühungen, sein Wahlergebnis in Georgia doch noch zu wenden, sind für den öffentlich-rechtlichen Hörfunksender Český rozhlas der Höhepunkt eines "Putschversuchs":
„Von Anfang an hatte Trump keine Hinweise auf eine groß angelegte Verschwörung der Demokraten. ... Während des von der Washington Post veröffentlichten einstündigen Telefongesprächs klingt Trump manchmal wie ein Gangster, manchmal wie ein verletztes Kind und ein bisschen wie ein Fall für den Psychiater, der ständig viele Male widerlegte Fehlinformationen über angeblichen weit verbreiteten Betrug wiederholt. In einer normalen Demokratie müsste der Präsident zurücktreten oder in einem Amtsenthebungsverfahren erneut verklagt werden. Das wäre nicht nur eine reine Formalität: Der Senat könnte Trump ein für alle Mal die Möglichkeit nehmen, erneut für das Amt des Präsidenten zu kandidieren.“
Furcht vor dem Gefängnis
Eine schlichte Erklärung für das Verhalten des scheidenden Amtsträgers hat Chefredakteur Jordi Juan in La Vanguardia parat:
„Sobald Donald Trump das Weiße Haus verlässt, erwartet ihn eine lange Liste an Gerichtsverfahren wegen Steuerhinterziehung, Behinderung der Justiz und gar wegen versuchter Vergewaltigung. Ganz zu schweigen von jenen Anklagen, die erhoben werden können, sobald er nicht mehr das Amt des US-Präsident bekleidet. Kein Zweifel: Trump kann im Gefängnis landen. Und möglicherweise erklärt dieser Umstand die starre Haltung, seine Wahlniederlage abzustreiten, seine Twitter-Fans zum Widerstand anzustacheln und hohe Beamte einzuschüchtern, wie er es mit dem Staatssekretär von Georgia tat.“
Präsident überschattet die eigenen Erfolge
Trump beschädigt sein Image auf den letzten Metern, findet Rzeczpospolita:
„Donald Trump hat in den vier Jahren im Weißen Haus viele Fehler gemacht, aber er hatte auch Erfolge, die in die Geschichte eingehen werden, wie etwa den Beginn einer Politik zur Einschränkung von Chinas Macht. ... Der Stil, in dem er seine Amtszeit beendet, kann diese Erfolge jedoch überschatten. Jeder der 88 Millionen Menschen, die dem Twitter-Account des Präsidenten folgen, weiß, dass er seine Wahlniederlage nie anerkannt hat. In den zwei Monaten seitdem gab es keinen Tag, an dem er nicht auf mutmaßliche Betrugsfälle bei der Auszählung von Stimmen hingewiesen oder eine Neuwahl in einem Staat gefordert hat.“
Die Geister sollten sich besser scheiden
Der Politologe Valentin Naumescu macht sich auf Spotmedia Gedanken darüber, wie sich die politische Spaltung in den USA weiterentwickeln wird:
„Es ist möglich, dass die Republikaner und Demokraten - seit 170 Jahren die Säulen der US-Demokratie - sich jeweils entlang einer moderaten und eine radikalen Linie spalten. ... Am besten wäre es, wenn die Moderaten bleiben und die Radikalen gehen: Also eine Progressive (Sozialistische) Partei mit Bernie & Co. und den Gleichmacherei-Hitzköpfen auf der linken Seite und eine Nationalistische (Konservative) Partei mit den Trumpisten und der ganzen Fauna von Nationalisten, Verschwörungstheoretikern und Bigotten auf der rechtsextremen Seite. Das würde eine willkommene Klarheit für Amerika und für alle freiheitlichen Demokratien der Welt bringen. Dies wäre die Rettung für das liberale, moderate Zentrum.“