Enthüllungs-Kaskade: Boris Johnson unter Druck
Eine Serie unangenehmer Enthüllungen bringt Großbritanniens Premier Johnson in Bedrängnis. Eine der jüngsten: Er soll im Herbst gesagt haben, er wolle "keinen verdammten Lockdown mehr – sollen sich doch die Leichen zu Tausenden stapeln". Zumindest zum Teil hat sein früherer Chefberater Dominic Cummings die Details preisgegeben, mit dem Johnson im November gebrochen hatte. Wie sehr schadet die Affäre?
Schlammschlacht in Downing Street
Eine Reihe von Anschuldigungen und Affären stehen nun im Raum, erklärt Jutarnji List:
„Darunter sind unbeantwortete Fragen, so zur Bezahlung der Rechnung für die luxuriöse Renovierung von Johnsons Wohnung in Downing Street, Kontroversen über seine Äußerungen, er sei bereit 'dass die Toten sich stapeln', um einen Lockdown zu verhindern, sein Krieg gegen seinen ehemaligen Chefberater Dominic Cummings, sowie die Sorge wegen der Lobbypolitik der Regierung. ... Man erwartet, dass Cummings Johnson zusätzlich wegen seines Handelns während der Pandemie anklagen wird. ... Doch viele fragen sich, ob man Cummings trauen kann, der sich letztes Jahr in eine Spirale von Lügen verwickelt hatte, nachdem man ihn beim Verstoß gegen den Lockdown erwischt hatte.“
Erst der Beginn eines Rachefeldzugs
Boris Johnsons Charakterfehler werden ihm zum Verhängnis, meint auch die Wiener Zeitung:
„Jede Woche kommen neue Malversationen ans Licht. ... Johnson beschuldigt seinen Ex-Berater Dominic Cummings, mit dem Streuen von Interna einen Rachefeldzug gegen ihn zu führen. Gut möglich, dass das stimmt, denn Cummings wurde von Johnson Ende 2020 vor die Tür gesetzt. ... In der 'Vote Leave'-Kampagne, bei der Johnson eine zentrale Figur war, machte Cummings mit blanken Lügen Stimmung für den Brexit. ... Es war immer absehbar, dass Johnsons Charakterfehler ihm eines Tages zum Verhängnis werden würden. Die kommenden Wochen werden für Johnson schwierig: Cummings Rachefeldzug hat gerade erst begonnen.“
Premier könnte schnell Geschichte sein
Mit dem innerparteilichen Rückhalt für Johnson könnte es bald vorbei sein, glaubt The Guardian:
„Abgeordnete, die nach einem Wochenende in ihrem Wahlkreis ins Parlament zurückkehrten, munkeln bereits, dass die umstrittene Wohnungsrenovierung bei den Wählern durchaus Thema ist. Dazu kommen interne Querelen bei den Tories. ... Tatsächlich hat Johnson nicht wirklich eine ihm gegenüber strikt loyale Gruppe von Abgeordneten. Was ihn im Amt hält, ist die Tatsache, dass er den Ruf genießt, ein Gewinnertyp zu sein. Wenn die Cummings-Affäre das ändert, hat der Premierminister echten Grund zur Sorge.“
Taten zählen mehr als Worte
The Sun weist Vorwürfe in Bezug auf Johnsons Corona-Politik entschieden zurück:
„Aus jetziger Sicht hätte Boris Johnson wohl besser den Mund halten sollen. Aber er hatte sicherlich das Recht zu glauben, dass er damals privat unter vertrauenswürdigen Kollegen sprach - wie es jeder Premierminister oder Geschäftsführer erwarten würde. Auf keinen Fall nahm er wohl an, von jemandem verraten zu werden, der Zugang zu diesem engsten Zirkel hatte - am allerwenigsten von seiner rechten Hand und seinem engsten Berater, Dominic Cummings. Noch bedeutsamer ist jedoch, dass Taten mehr zählen als Worte. Es gab einen zweiten Lockdown. Und dieser rettete Leben.“