Prag: Skandalträchtiger Verdacht gegen Vizepremier
Prags Vizepremier Jan Hamáček wollte einem Medienbericht zufolge die Verwicklung von Russlands Geheimdienst in einen Anschlag auf ein Munitionsdepot in Tschechien verschleiern, wenn Moskau dem Land dafür eine Million Dosen Sputnik V liefert. Hamáček bestreitet den Verdacht, konnte ihn aber bisher nicht ausräumen. Kommentatoren reiben sich über den neusten Streich in den tschechisch-russischen Beziehungen die Augen.
Jegliches Vertrauen verspielt
Von einem riesigen Skandal spricht Hospodářské noviny:
„Egal, was Hamáček über die ursprünglich geplante und dann doch abgesagte Reise nach Moskau sagt - man kann ihm definitiv nicht mehr trauen. Und es geht nicht nur um das Vertrauen von uns Bürgern. Der Vizepremier hat sein Land auch der Glaubwürdigkeit gegenüber seinen Partnern im Ausland beraubt. Es geht um den Versuch, einen möglichen russischen Terrorakt in der EU zu verschleiern. Um einen Verrat an den Verbündeten und einen weiteren Schritt Tschechiens in Richtung Kreml. Der Vorwurf des Hochverrates ist nicht übertrieben. ... Hamáček bleibt nur der Rücktritt.“
Kampf um politisches Überleben
Bei der Suche nach dem Grund für das abenteuerliche Vorgehen des Prager Vizes kommt Pravda zu folgendem Schluss:
„Hamáček könnte nur ein einziges Motiv haben: das politische Überleben der tschechischen Sozialdemokraten, deren Vorsitzender er ist. Nach mehreren Umfragen könnte es sein, dass es seine Partei bei den Parlamentswahlen im Oktober nicht wieder ins Abgeordnetenhaus schafft. ... Eine Million Dosen Sputnik V würden womöglich Hamáčeks Partei einen freien Platz in einem Rettungsboot der sinkenden Titanic sichern. Ein Plus von ein bis zwei Prozent Wählerstimmen könnte die Sozialdemokraten wieder auf die Sitze im Parlament hieven.“