Belarus: Pratasewitsch weint im Staatsfernsehen
In Belarus hat der staatliche Fernsehsender ONT ein langes Interview mit dem inhaftierten Regierungskritiker Roman Pratasewitsch gezeigt. Der 26 Jahre alte Blogger gab darin teils unter Tränen zu, Proteste gegen Lukaschenka organisiert zu haben, den er eigentlich bewundere. Viele Menschen, darunter belarusische Oppositionelle im Exil und Pratasewitschs Eltern, sind überzeugt, dass das Interview unter Anwendung von Folter entstand.
Uralte Praktik der Machtdemonstration
Nowaja Gaseta plädiert dafür, das Interview zumindest in Bezug auf Pratasewitsch zu ignorieren:
„Das Genre der öffentlichen Erniedrigung eines Gegners als Machtdemonstration ist uralt und von seinen Liebhabern zur Perfektion entwickelt worden. Es wurde von altgriechischen Tyrannen und mittelalterlichen Königen genauso gepflegt wie von heutigen Präsidenten. ... In Bezug auf diesen Jungen muss man so tun, als hätte es dieses Interview nicht gegeben. Und was den Initiator, Autor und Regisseur dieses Interviews angeht, verstehen wir schon seit einem Jahr alles erschöpfend genau.“
Werbung in Lukaschenka-Medien stoppen
Nestlé unterstützt de facto das Lukaschenka-Regime, kritisiert der Tages-Anzeiger:
„ONT wird nicht nur vom weissrussischen Staat finanziert. Der Sender nimmt viel Geld durch Werbung ein. Auch und vor allem von Nestlé. Während andere Firmen pro Werbeblock einmal vorkommen, wirbt der Schweizer Konzern mit zwei oder drei Produkten. … Auch wenn Nestlé auf die Machenschaften des Staates und das Programm des Senders wohl kaum Einfluss nehmen kann, so muss dem Konzern aus Vevey doch seit längerem bewusst sein, was er hier mit dem Geld für Werbung fördert. Dass TV-Sender wie ONT oder Belarus 1 in Lukaschenkos Repressionsapparat eine tragende Rolle spielen, ist kein Geheimnis.“