Französische Regionalwahlen: Suche nach Erklärungen
Die zweite Runde der Regionalwahlen in Frankreich beschäftigt Europas Presse: Wieder gaben nur rund 34 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab. Der rechtsnationale Rassemblement National von Marine Le Pen konnte keine Region für sich gewinnen, Macrons Partei LREM blieb einstellig. Als Gewinner gelten die Konservativen. Was bedeutet das für die Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr?
Warnschuss für Macron
Der Präsident muss sich ernsthaft Sorgen um seine Wiederwahl machen, ist der Paris-Korrespondent des Handelsblatts Gregor Waschinski überzeugt:
„Macron ist ein Präsident ohne Basis. Sein erst 2016 gegründetes Bündnis ist in der Fläche kaum verankert, die fehlende Parteibindung macht seine Wählerschaft volatiler. Macron konzentrierte sich stark auf eine mögliche Neuauflage des Duells mit Le Pen und spekulierte darauf, dass er als Barriere gegen die Rechtspopulisten eine Mehrheit hinter sich versammeln würde. Diese Rolle könnte ihm nun das bürgerlich-konservative Lager streitig machen, das als Gewinner aus den Regionalwahlen hervorging.“
LREM braucht eine neue Strategie
Macrons Partei muss sich wirklich was überlegen, ergänzt De Volkskrant:
„Fünf Jahre nach ihrer Gründung hat die LREM noch immer keine Wurzeln auf lokaler Ebene. Bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr verbuchte die Partei auch schon magere Ergebnisse. Die neuerliche Niederlage wirft die Frage nach der Zukunft der LREM auf. ... Im Zuge der bevorstehenden Präsidentschaftswahl wird innerhalb der LREM diskutiert, ob die Partei in einer breiteren Bewegung aufgehen muss. Zum Beispiel durch engere Zusammenarbeit mit Parteien, die jetzt den Präsidenten unterstützen, wie die Zentrumspartei Mouvement Démocrate.“
Konservative bleiben feste Größe
Macron und Le Pen haben sich verkalkuliert, kommentiert Le Temps:
„Die französischen Regionalwahlen haben kein politisches Erdbeben ausgelöst. Im Gegenteil, vor dem Hintergrund der massiven Wahlenthaltung bestätigen sie eine Realität, die viele Meinungsumfragen seit Jahren aufzeigen: Die Mehrheit der Wählerschaft orientiert sich in Richtung der traditionellen Rechten, in Ermangelung einer als glaubwürdig erachteten Alternative bei den Radikalen, der Sozialdemokratie und den Grünen. ... Die Überraschung - wenn es denn eine gibt - liegt darin, dass der Versuch von Emmanuel Macron und Marine Le Pen gescheitert ist, die konservative Wählerschaft in den Schraubstock zu nehmen, um sie auszuschlachten.“
Wahlenthaltung macht Prognosen unmöglich
Die Konservativen sollten sich nicht zu früh freuen, meint Marianne:
„Die bürgerliche Rechte ist zurück und hat gute Karten für die Präsidentschaftswahlen! Nicht so schnell. Sicherlich haben die drei großen Gewinner von rechts wie erwartet schöne Ergebnisse erzielt. ... Nur in Bezug auf die Anzahl der registrierten Wähler sind die Zahlen viel weniger markant. So wurde Valérie Pécresse von 14,87 Prozent ihrer Wählerschaft wiedergewählt, Xavier Bertrand mit 16,76 Prozent und Laurent Wauquiez mit 17,78 Prozent. Macrons Herausforderer wurden eher schlecht als recht gewählt. Die massive Wahlenthaltung am 20. und 27. Juni (über 66 Prozent) macht es unmöglich, unmittelbare politische Schlüsse aus dieser Wahl zu ziehen.“