Gedenken an NS-Opfer der Sinti und Roma
Seit 2015 wird in Europa am 2. August an den Porajmos erinnert, die Ermordung der Sinti und Roma während des Holocausts. Angehörige der seit Jahrhunderten diskriminierten Minderheit wurden ab 1935 systematisch von den Nationalsozialisten und ihren Helfern verfolgt, interniert und getötet; die genaue Opferzahl ist umstritten. Europas Presse thematisiert vor allem den heute noch fortwährenden Antiziganismus.
Einmal im Jahr reicht nicht
Mit einem Gedenktag ist es nicht getan, meint der rumänische EU-Parlamentarier Marius Tudor in Adevărul:
„Viele Menschen, vor allem führende Politiker, werden plötzlich zu Freunden der Roma, sind empathisch und zeigen Liebe und Fürsorge für diese Gemeinschaft. Eine absolut beeindruckende Haltung. Doch wunderbar wäre es, wenn wir auch den Rest des Jahres so viele Freunde hätten. Denn die Armut, in der die meisten Gemeinschaften leben, und der Rassismus können nicht an einem Tag bekämpft werden. Worte sind nicht dasselbe wie Taten und es sind die Politiker, die diese Dinge ändern können.“
Polizeigewalt gegen Roma: Die EU schweigt
Am 19. Juni starb der 46-jährige Rom Stanislav Tomaš bei einem brutalen Polizeieinsatz in Tschechien. Delo kritisiert, dass die meisten EU-Politiker sich zu dem Fall im Gegensatz zu George Floyd nicht geäußert haben:
„Für ihr Schweigen gibt es wohl viele Gründe, doch sind seine Folgen gefährlich für die Roma und schädlich für die EU. Wie soll man in den Mitgliedstaaten glauben, dass die Antirassismus-Politik der EU etwas ändern kann, wenn die Staats- und Regierungschefs der EU selbst in solch extremen Fällen schweigen? Und es keine politischen Maßnahmen gibt, die die Brutalität der Polizei stoppen könnten, die die offensichtlichste und häufigste Manifestation von Rassismus ist? ... Die europäische Führung untergräbt die Glaubwürdigkeit der EU, sowohl im Inland als auch im Ausland.“
Appell zum Hinhören und Hinschauen
Die Schriftstellerin Ursula Krechel mahnt in Die Presse mehr Toleranz und weniger Gleichgültigkeit an:
„Die Blockbildung Europas und der Kalte Krieg waren auch bequeme Barrieren, um die Augen fest vor dem Ausmaß der Katastrophe auf dem ganzen europäischen Kontinent zu schließen. Während in Deutschland die bitteren Stationen Diskriminierung, Kriminalisierung, Zwangssterilisation, Deportation und das Morden mit furchtbarer Konsequenz aufeinanderfolgten, hatten Roma in den südosteuropäischen Ländern nicht den Hauch einer Chance: Der Genozid tobte voraussetzungslos. Mit diesem Europäischen Gedenktag öffnet sich der Blick – auf die Verwüstungen. Gleichzeitig ist er ein Appell zum Hinhören auf die neuen Vorurteile, Restriktionen, auf Missachtung, auf Hass.“