Montenegro: Serbisch-orthodoxe Kirche unerwünscht?
Bei der Amtseinführung des neuen Metropoliten der Serbisch-orthodoxen Kirche in Montenegro ist es am Wochenende zu Ausschreitungen gekommen. Bürger blockierten aus Protest gegen zu viel serbischen Einfluss die Zufahrt zur historischen Hauptstadt Cetinje, wo die Zeremonie stattfand. Kommentatoren beleuchten den Vorfall vor dem Hintergrund des engen, aber komplizierten serbisch-montenegrinischen Verhältnisses.
Unnötiger Antritt in Eroberer-Manier
Die Serbisch-orthodoxe Kirche hat bewusst provoziert, meint Večernji list:
„Der Moment, als ein geschickter Fotoreporter die Szene festhielt, in der zwölf bis an die Zähne bewaffnete Spezialpolizisten und Bodyguards mit dem neuen Metropoliten, Joanikije, geschützt von einer gepanzerten Decke von der Wiese ins Kloster von Cetinje laufen, sagt alles darüber, wie willkommen der Metropolit in dem Ort ist. Die Szene war tragikomisch, denn in Montenegro kam es nicht zu einem Krieg, dennoch ist die serbisch-orthodoxe Kirche in der Manier eines Eroberers nach Cetinje gekommen. Sie hätte ihre Zeremonie in Podgorica abhalten können, doch wählte absichtlich das souveränistische Cetinje, um die Montenegriner noch mehr zu demütigen.“
Nationalismus weitgehend serbischer Prägung
Der montenegrinische und der serbische Nationalismus sind kaum zu unterscheiden, analysiert das Portal Peščanik:
„Montenegro ist vielleicht nicht Teil Serbiens, aber aus den [durch die Nationalisten] vorgebrachten politischen Ideen kann man schließen, dass es doch Teil der gleichen politischen Welt ist, da es im Grunde keine großen Unterschiede zur serbischen nationalistischen Ideologie gibt. Die Kirche ist angeblich unumgänglich zur Erhaltung der montenegrinischen Identität, ohne die es keine Staatlichkeit und Unabhängigkeit gibt. Die montenegrinische Nationalidentität werde angegriffen, von außen und innen, und ihr Verschwinden drohe - hören wir von den Nationalisten in Serbien nicht dasselbe? Der Unterschied ist folgender: Während der serbische Nationalismus hauptsächlich ein anti-westliches Projekt ist, ist der montenegrinische pro-westlich.“