Bruderzwist: Interner Machtkampf bei den Taliban
Unter der Taliban-Führungsriege scheint Streit zwischen dem "moderateren" Flügel und den Hardlinern ausgebrochen zu sein: Vizeregierungschef Abdul Ghani Baradar, eigentlich die Nummer Zwei der Islamisten-Bewegung, war mehrere Tage von der Bildfläche verschwunden. Gerüchte über seinen Tod oder seine Flucht gingen um - ob die Dementis der Taliban glaubwürdig sind, ist noch offen.
Der gemeinsame Sieg eint nur für kurze Zeit
Ist der kollektive Feind erst einmal geschlagen, ist interner Streit unvermeidlich, meint Jutarnji list:
„So ist das mit militanten Bewegungen, wenn sie an die Macht kommen: Bis zu diesem Moment sind sie ein Block, denn der Feind eint sie, die internen Streitigkeiten werden ignoriert. Und dann kommt der Moment, in dem die Macht übernommen werden soll, der Kohäsionsfaktor verschwindet und die Zentrifugalkraft fängt an zu wirken. Auch die Taliban sind von diesem Gesetz nicht verschont. ... Nach BBC-Informationen aus Taliban-Quellen kam es gleich nach der Gründung der Übergangsregierung zu einem ernsten Konflikt: Zwei konkurrierende Flügel innerhalb der Taliban prügelten sich im Kabuler Präsidentenpalast. Der Grund war ein Streit darüber, wer mehr zum Sieg beigetragen hatte.“
Fehde zwischen Politikern und Traditionalisten
Die Differenzen zwischen den "Moderaten" und dem radikalen Haqqani-Netzwerk sind prinzipiell, analysiert La Stampa:
„Auf der einen Seite steht Mullah Abdul Ghani Baradar, der Führer des versöhnlicheren katarischen Flügels, der mit den Amerikanern verhandelt hatte und das neue islamische Emirat nicht zu einem von der Welt isolierten Pariastaat werden lassen wollte. Die andere Seite ist der Haqqani-Clan und seine pakistanischen Beschützer, die entschlossen sind, den Lauf der Geschichte um 20 Jahre zurückzudrehen. Die Siegesparaden, die schwierige Evakuierung der Westler und der NATO-Truppen und die ersten widersprüchlichen Kontakte mit den Medien haben anfangs den Kampf hinter den Kulissen nur verdeckt.“