Rumänien: Regierung per Misstrauensvotum gestürzt

In Rumänien ist die liberale Regierung von Florin Cîțu (PNL) nach einem Misstrauensantrag der PSD abgesetzt worden, für den auch die aus der Koalition geworfene liberale Reformpartei USR-Plus und die rechtsnationalistische AUR stimmten. Da nicht klar ist, welche Parteien nun eine Regierungsmehrheit bilden könnten, befürchten Kommentatoren eine lange Durststrecke - inmitten der vierten Pandemiewelle.

Alle Zitate öffnen/schließen
G4Media.ro (RO) /

Riskantes Spiel

Laut G4Media kochen die Politiker ein gefährliches eigenes Süppchen:

„Niemand will wirklich vorgezogene Wahlen, und in einem zweiten Anlauf hat Premierminister Cîțu alle Chancen, die Abstimmung im Parlament erfolgreich zu bestehen. Kommt es zu diesem Szenario, war die ganze politische Krise völlig unnütz. ... Rumänien hat dann mitten in der Pandemie mit einer lahmgelegten Regierung dafür gesorgt, dass eine letztes Jahr gewählte legitime Regierung zu einer von niemandem gewählten Regierungskoalition von PNL und UDMR wird, unterstützt von der PSD. Sollte diese gravierende Verzerrung des politischen Spiels bis zuletzt umgesetzt werden, werden die gesellschaftlichen Folgen dramatisch sein: Sie leistet den extremistischen Parteien Vorschub und verstärkt gefährlich den Frust.“

Népszava (HU) /

Abwahl ohne Gegenentwurf

Eine Übergangsregierung wäre eine echte Katastrophe für die Pandemiebekämpfung in Rumänien, meint Népszava:

„Bei den bisherigen Regierungssturzversuchen konnte die Opposition in der Regel eine Alternative stellen. In diesem Fall hingegen haben sich die Initiatoren und Unterstützer des Misstrauensantrags miteinander gestritten. Es ist unvorstellbar, dass sie irgendeine gemeinsame Regierung zustande bringen können ... So wird die Cîțu-Regierung als Übergangsregierung mit eingeschränkter Befugnis vermutlich noch lange bestehen bleiben. Eine schlimmere Katastrophe für Rumänien als eine lahme Ente als Regierung kann man sich im Moment jedoch kaum vorstellen: Die Corona-Zahlen haben am Dienstag erneut einen traurigen Rekord erreicht.“

Adevărul (RO) /

So ist das eben in einer Demokratie

Adevărul empfiehlt der PNL, ihre Krise als Chance zu begreifen:

„In Umfragen sagen mehr als 80 Prozent der Befragten, dass das Land in die falsche Richtung geführt wird. Und wenn man sich anschaut, wie die Krankenhäuser brennen, kann man eine solche Wahrnehmung nachvollziehen. In einer Demokratie tritt der Premierminister einer Regierung, die ihre Mehrheit verliert, zurück. ... So sind die Dinge nun einmal, und das ist gut so, nicht schlecht. Die betreffende Partei kann dann nach einer Lösung suchen, mit der sie mit neuer Energie in Verhandlungen gehen kann, um eine neue Mehrheit zu erreichen. Und in heikleren Situationen, wenn die Unzufriedenheit in der Bevölkerung groß ist, bietet das Ausscheiden eines Spitzenverantwortlichen ein Ventil.“