Belgien: Streit ums Streikrecht
Das Berufungsgericht von Liège hat 17 Gewerkschafter der Fédération générale du travail de Belgique (FGBT) wegen mutwilliger Verkehrsbehinderung zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die Streikenden hatten 2015 die Autobahn E40 auf einer Teilstrecke vollständig blockiert, sodass keine Fahrzeuge, inklusive Rettungsdienst, passieren konnten. Der FGBT-Vorsitzende Thierry Bodson will nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.
Heikle Einschränkung
Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist kontraproduktiv, mahnt Le Soir:
„In einer Zeit, in der Polen beschließt, nationales Recht über europäisches Recht zu stellen, zeigt sich, wie sinnvoll es ist, sich auf das europäische Recht und auf ein Gremium zu berufen, das seine Sicht auf die Einschränkung des Streikrechts darlegen kann - vor dem Hintergrund der Achtung der Menschenrechte. … Es geht um die Frage, wie ein Gleichgewicht gefunden werden kann zwischen dem Recht der Bürger, ihren Unmut frei auszudrücken, und der Wahrung der öffentlichen Ordnung. Wir werden sehr aufpassen müssen, dass die Wut, die wir von Streiks zu verbannen versuchen, nicht an anderer Stelle hervorbricht, ohne Rücksicht auf Recht und Gesetz. So wie bei der Gelbwestenbewegung.“
Modernisierung des Streikrechts nötig
Es sollte nicht zur Regel werden, dass gesellschaftlicher Protest vor Gericht verhandelt wird, meint L'Echo:
„Stattdessen müssen die Grenzen dessen, was während eines Streiks erlaubt ist und was nicht, neu definiert werden. Das 'Gentlemen's Agreement', das seit 2002 das Streikrecht regelt, ist inzwischen stark veraltet. Arbeitgeber und Gewerkschaften, die es 2016 versäumt haben, die Richtlinie zu erneuern, würden von einer Überarbeitung nur profitieren. Vor allem braucht es genauere Vorschriften, um Regelüberschreitungen wie Straßenblockaden und Eisenbahnblockaden zu verhindern. Es ist höchste Zeit, das Streikrecht zu modernisieren!“