Ungarn: Opposition als Sicherheitsrisiko?
In Ungarn sorgt eine geleakte Rede von Parlamentspräsident László Kövér (Fidesz) vor den Spitzen der nationalen Nachrichtendienste für Aufregung. Das größte Sicherheitsrisiko für das Land sei, so Kövér, dass die Politik in ihrer Auffassung von Staat und Nation so gespalten sei: Ein Teil der politischen Klasse - die Opposition - strebe eine selbstzerstörerische Politik an. Diese sieht sich als Staatsfeind gebrandmarkt.
Linke untergräbt ungarische Souveränität
Die oppositionellen Medien haben die Worte des Parlamentspräsidenten zwar bewusst falsch interpretiert, aber die Opposition stellt tatsächlich ein Sicherheitsrisiko dar, meint der Journalist Tamás Pilhál von der regierungsnahen Magyar Nemzet:
„Der Parlamentspräsident schätzt die politische Situation, dass zwei Vorstellungen über Staat und Nation, die einander ausschließen, miteinander für die politische Macht konkurrieren, als Sicherheitsrisiko ein ... [Dass die Opposition selbst eine Gefahr sei,] sagte er nicht. Ich sage es trotzdem geradeheraus: Die Linke Ungarns stellt ein Risiko für die nationale Sicherheit dar. ... Sie ist bestrebt, Ungarn die Souveränität zu entziehen, die dem Land noch geblieben ist, und uns in Brüssels neue Sowjetunion hineinzuzwängen.“
Angriff auf den Nach-Wende-Konsens
Für Válasz Online ist die Botschaft der Rede klar - und ziemlich traurig:
„Der Text der Rede lässt keinen Zweifel, dass Kövér die Opposition als Sicherheitsrisiko betrachtet. ... Es ist unendlich traurig, diese Rede zu hören. Denn László Kövér zerreißt gerade den Nachwendekonsens, an dessen Entstehung er selbst beteiligt war. Dieser Konsens bestand darin, dass die Abteilung III/III der Staatssicherheitsorgane aufgelöst wurde, die ungarische Staatsbürger überwacht hatte, die zwar für die Sicherheit der Machthaber, aber nicht für die Sicherheit der Nation gefährlich sein konnten. Im Gegenzug konnten die anderen Abteilungen ihre Arbeit fortsetzen - aber ohne in die innenpolitischen Spiele einzugreifen.“