Russland: Anti-Folter-Gesetz kommt in die Duma
Die russische Regierung unterstützt einen in die Duma eingebrachten Gesetzentwurf, der Folter durch Polizisten, Ermittler oder im Strafvollzug explizit zu einem schweren Straftatbestand erhebt. Damit reagiert der Kreml auf wiederholte Foltervorwürfe, zum Beispiel als vor Kurzem grausame Videos aus einem Gefängnis in Saratow öffentlich wurden. Wird das Gesetz an diesen Zuständen etwas ändern?
Jetzt wird das Übel greifbar
Für Radio Kommersant FM handelt es sich um einen Durchbruch:
„Der Begriff 'Folter' kommt ins Strafgesetzbuch. Das ist ein wichtiger politischer Moment, denn früher - im Sowjetstaat und dann auch in der Russischen Föderation - wurde dieses Phänomen prinzipiell negiert. So wie es auch keine Drogensucht oder Prostitution gab. Und wenn es die Folter nicht gibt, kann man sie auch nicht ahnden. Wenn Fakten aufkamen, versuchte man sie als etwas anderes auszugeben, um das Staatsprestige nicht zu schädigen.“
Dieses System verzichtet nicht aufs Quälen
Echo Moskwy glaubt nicht an eine durchschlagende Wirkung:
„Das Gesetz wird angenommen - und dann? Kein Gesetz kann einfach so eine Gesellschaft von ihren Lastern befreien. Buchstaben und Paragrafen können selbst keine Kriminellen fangen und bestrafen. Die Entlassung von Beamten ist ein Signal, das Gesetz auch. Aber es braucht noch das Hauptsignal: Dass man anfängt, Sadisten real zu bestrafen und dass man aufhört, Menschen zu quälen. Ist das möglich? Nein. Rein theoretisch ja. Aber in der Praxis stützt sich die Macht in Russland auf das repressive System in all seinen Ausprägungen. ... Das Gefängnis ist dabei ein wichtiges Element der Abschreckung. ... Die Folterungen werden nicht verschwinden. Man wird sich auf ein paar öffentlichkeitswirksame Prozesse beschränken.“