Was bleibt vom Ende der Sowjetunion?
Am 25. Dezember 1991 wurde die sowjetische Fahne vom Kremldach eingeholt und durch die Trikolore der Russischen Föderation ersetzt. Das Ende der UdSSR folgte auf einen Zusammenbruch der Wirtschaft, die Loslösung vieler Staaten und einen Putschversuch gegen Gorbatschow und seine Perestroika. Historiker sind 30 Jahre später noch immer uneins über die Ursachen, Kommentatoren ziehen eine Bilanz.
30 Jahre Konflikte
Friedlicher ist es nicht geworden, bilanziert das Onlineportal Brīvā Latvija:
„Von 15 ehemaligen Republiken ist es nur fünf gelungen, einen Krieg, Putsch oder Unruhen zu vermeiden. Das sind die drei baltischen Länder und ironischerweise die beiden autoritären Regime Kasachstan und Turkmenistan. Die Massenproteste in Belarus wurden letztes Jahr brutal niedergeschlagen. Russland hatte sowohl einen inneren Konflikt in Tschetschenien als auch einen Krieg in Georgien und der Ukraine. Moldau war in dem von Russland angeheizten bewaffneten Konflikt in Transnistrien verwickelt. Armenien und Aserbaidschan haben sich wiederholt um das Gebiet von Bergkarabach gestritten. Tadschikistan hat einen Bürgerkrieg erlebt, Usbekistan erlebte weit verbreitete Unruhen und Kirgisistan wurde von Zeit zu Zeit in ein politisches Chaos gestürzt.“
Demokratie muss noch immer erkämpft werden
Estlands ehemaliger Präsident Toomas Hendrik Ilves warnt in Eesti Ekspress davor, sich auf den demokratischen Errungenschaften auszuruhen:
„Die Bürger der demokratischen Staaten sind seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion eingeschläfert durch den Sieg der Demokratie. Die Überzeugung, dass 'mit uns nichts passieren kann, weil wir gewonnen haben', lässt viele glauben, dass die Gefahr des Autoritarismus woanders lauert. Dennoch lassen wir Korruption zu, und dass für Regierende andere Regeln gelten. … Es ist die ironische Wahrheit, dass wir die liberale Demokratie jeden Tag brauchen, um unsere Rechte und die Kontrolle über die Machthaber zu bewahren, und doch sehen wir diese Notwendigkeit erst, wenn es zu spät ist.“
Von der Sowjetmacht zum Schurkenstaat
Seine Bemühungen um ein politisches Gleichgewicht mit der Nato können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Putin der Macht und Ehre der Sowjetunion hinterherläuft, meint Le Figaro:
„[N]achdem das Sowjetimperium zu Staub zerfallen war, blieben ihm nur noch die Waffen der Schwachen: diejenigen angreifen, die kleiner sind als man selbst, Grenzen anfechten, unterschwellige Konflikte schüren, Diktatoren unterstützen, Söldner einsetzen, sich verdeckt einmischen, Desinformation, Sabotage und Cyberkrieg betreiben. ... An die Stelle des Gleichgewichts der zwei Blöcke trat die Strategie der tausend Messerstiche - eher ein Privileg von Terroristen und Schurkenstaaten. Putin zahlt die große historische Demütigung Russlands mit Kleingeld zurück.“