Verkehrschaos verdirbt Ferienstart in England
Mit Beginn der Sommerferien an den meisten Schulen in England und Wales waren am Wochenende nach Schätzungen des Automobilverbands RAC 18,8 Millionen Freizeitreisende in Großbritannien unterwegs - so viel wie seit 2014 nicht. Am Hafen von Dover kam es zu übermäßig langen Warteschlangen. Noch mehr Staus werden erwartet. Europas Presse zieht die Verbindung zum Brexit.
Die Pandemie-Ausrede gilt nicht mehr
Der eigentliche Grund für das Verkehrschaos ist für Gazeta Wyborcza offensichtlich:
„Seitdem der Brexit im Januar 2021 Realität geworden ist, konnte er sich bislang weitgehend hinter der Pandemie verstecken. Weltweit haben uneinheitliche und sich ständig ändernde Beschränkungen zur Bekämpfung der Epidemie und Dokumentationsvorschriften in den letzten Jahren zu einem Chaos im Personenverkehr geführt, und das Coronavirus hat zusammen mit dem Krieg in der Ukraine die Unberechenbarkeit der Lieferketten noch verstärkt. Verkehrsstaus, Verspätungen und Flugausfälle waren kein Alleinstellungsmerkmal des Vereinigten Königreichs. Was an diesem Wochenende im Südosten Englands geschah, kann jedoch nur auf den Brexit zurückgeführt werden.“
Brexit-Effekt wird verleugnet
Dass die britische Regierung die Verantwortung für das Chaos in den Häfen ablehnt, empört The Guardian:
„Die Betreiber von Dover hatten staatliche Unterstützung in Höhe von 33 Millionen Pfund beantragt, um auf die veränderten Umstände – insbesondere auf die Anforderung der Passstempelung – nach dem Brexit reagieren zu können. Man rechnete also mit Problemen, die über eine einmalige Verzögerung hinausgehen. Bislang hat die Regierung nicht erläutert, warum sie die Modernisierung in Dover ablehnte. ... Die offensichtliche Schlussfolgerung lautet, dass eine Regierung, die die negativen Effekte des Austritts aus der EU kleinredet, die Warnungen nicht ernst genug genommen hat – und dann allen anderen außer sich selbst die Schuld gibt, wenn diese Probleme zu offensichtlich werden, um sie zu ignorieren.“
Endlich wird nicht nur durchgewunken
Immerhin zeigt das Reisechaos am Hafen von Dover, dass man endlich wieder die Kontrolle über die Grenzen hat, findet The Daily Telegraph:
„Wir brauchen selbstverständlich ein effizientes System für diese Kontrollen. Menschen zu zwingen, bis zu – wie einige berichteten – 21 Stunden in der Schlange zu stehen, ist unmenschlich. Aber eines sollte uns erfreuen: Dass unsere Pässe endlich ordentlich angeschaut werden und wir nun eine gewisse Kontrolle darüber haben, wer nach Großbritannien ein- und ausreist. ... Tatsächlich ist es doch so, dass Häfen jahrelang quasi so tun durften, als wäre Großbritannien im Schengen-Raum. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, in den Häfen am Ärmelkanal endlich wieder richtige Grenzkontrollen zu erleben.“