Bosnien: Verluste für Nationalisten
Bei der Wahl zum dreiköpfigen Staatspräsidium im krisengeschüttelten Bosnien und Herzegowina geht der bosniakische Sitz zum ersten Mal seit 2010 nicht an die muslimisch-nationalistische SDA, sondern an den Sozialdemokraten Denis Bećirović. Der Reformer Željko Komšić verteidigte den kroatischen Sitz, die ethnischen Serben werden von Željka Cvijanović und damit wie bisher von der nationalistischen SNSD vertreten. Was bedeutet diese Verschiebung?
Das Meiste bleibt beim Alten
Bei Wahlen in Bosnien und Herzegowina stellt sich immer dieselbe Frage, so Dnevnik, nämlich:
„ob die Kräfte gestärkt werden, die wirklich einen Wandel bewirken könnten, also das Land in Richtung eines Bürgerstaates zu drängen und die Probleme der Menschen zu lösen, von Gesundheit und Wirtschaft bis hin zur Infrastruktur und der Emigration junger Menschen. Das Land wegzulenken vom Verständnis als Zusammenschluss dreier ethnischer Gemeinschaften, wo eine Gemeinschaft Vorteile auf Kosten der anderen beiden sucht und sich die politischen Eliten bevorzugt um sich selbst kümmern. ... Was das betrifft, sind auch diesmal keine besonderen Veränderungen zu erwarten. ... Es deutet jedoch einiges auf eine kleine Verschiebung hin, nämlich den Verlust an Unterstützung für Politiker, die die nationale Komponente verkörpern.“
Echte Veränderung wird noch dauern
Ob die Wahl die Spaltung im Land überwinden kann, wird sich erst noch zeigen, meint die Kleine Zeitung:
„Bürgerlich-liberale Kräfte erhoffen sich mit dem Ergebnis dennoch die längst überfällige Veränderung des Status quo. Zum einen auch deswegen, um sich von russischen und chinesischen Einflüssen zu lösen. Ob der langersehnte Anschluss an die EU letztlich so klappt, wie erhofft, bleibt abzuwarten. Solange das Land durch Korruption und die ständige Überbetonung der ethnischen Herkunft überschattet wird, solange wird die Veränderung warten müssen. Was bleibt, ist die Spaltung und das Fehlen einer längst überfälligen kollektiven Identität.“